Eigentlich braucht eine Frau im Sommer gar kein anderes Kleidungsstück als das kleine Weiße. Gut, vielleicht zwei kleine Weiße. Ich plädiere ganz nachdrücklich für das weiße Kleid. Die Frau, die es trägt, wird feststellen, dass es eine erstaunliche Wirkung hat. Im Sommer, aber erst recht im Winter. Das weiße Kleid zieht alle Blicke auf sich. Es irritiert, denn es ist so gar nicht alltagstauglich. Jede kleinste Verschmutzung ist auf ihm sichtbar, und genau das ist bei einem weißen Kleid wichtig. Eine Frau trägt es ja schließlich nicht, um sich die weißen Ärmel aufzukrempeln und für die Niederungen der Haushaltsarbeit zu rüsten, etwa bis zu den Ellenbogen in einen Rote Beete Salat einzutauchen und ihn mit den Gewürzen zu vermischen. Im Gegenteil. Eine Frau trägt das weiße Kleid, um zu signalisieren, dass sie vom Alltag nicht tangiert ist.
Mit ein paar Accessoires lässt sich das Kleine Weiße in alles Mögliche verwandeln. Mit Kitten Heels, einem klassischen Blazer und Pilotenbrille kombiniert, erhält man einen coolen urbanen Look. Eine leicht Jeansjacke, farbige Armreifen und Espandrillos hingegen erwecken den Eindruck, die weiße Frau mache sich gleich in einem bunt angemalten VW-Bus Richtung Ibiza auf und davon. Kombiniert werden kann es sogar mit einer angeschrammten Lederjacke, gestrickten Socken und derben Stiefeln. Das ist schön, weil es unerwartet ist.
Weiße Kleider sind vor allem darum zu empfehlen, weil sie alle Blicke auf sich ziehen und die Trägerin zum Leuchten bringen. Solange die eigene Haut nicht den gleichen Farbton wie das Kleid hat, ist Weiß immer ein Gewinn. Dass weiße Kleidung den Frauen so schmeichelt, sollte aber Männer nicht zu dem Schluss verleiten, bei ihnen verhalte es sich genauso. So lieblich Weiß die Frauen behandelt, so gnadenlos verhält es sich beim Mann. Der von Männern getragene weiße Anzug geht meistens schief, es sei denn man ist auf einer Mottoparty eingeladen und möchte als Wiedergänger von John Travolta in „Saturday Night Fever“ auftreten. Aber bitte zu Hause erst den Hüftschwung üben.
Und dann gibt es diese eine Gelegenheit im Leben einer Frau, bei der ein weißes Kleid erwartet wird. Ich bin dafür, diese Kleiderregel unbedingt zu torpedieren. Ich habe kaum je eine Hochzeit erlebt, bei der die Braut nicht die am schlechtesten gekleidete Person auf dem Fest war. Der Grund ist, dass weiße Brautkleider sich immer so wichtig tun und ein Gewese um sich machen, sodass die Braut nicht mehr wie sie selbst, sondern wie eine Karnevalsfigur aussieht und bis in alle Ewigkeit – oder bis zu ihrer nächsten Eheschließung– beim Blick auf ihr Hochzeitsfoto vor Scham zusammenzucken wird. Das klassische Brautkleid ist eine modische Ersatzhandlung: Einmal im Leben Prinzessin sein. Sehr selten, um es präzise zu sagen, nur einmal war ich auf einer Hochzeit eingeladen, bei der die Braut würdevoll aussah. Sie trug einen bodenlangen, weißen, mehrlagigen Tüllrock aus dem Theaterfundus, den sie mit einer Korsage vom Flohmarkt kombiniert hatte. Sehr modern, sehr besonders und absolut hinreißend.