Vogue und Sex and the City sei Dank ist Marrakesch mittlerweile ganz weit oben auf der Reisebucketliste vieler Menschen, insbesondere Frauen. Sie haben ein Bild in ihren Köpfen, das orientalisches Flair, schöne Riads und Shopping auf bunten arabischen Bazaaren beinhaltet.
Bei Tunis sieht das anders aus. Assoziationen, wenn überhaupt, sind diffus. „Gab es da nicht mal diese Unruhen?“, „Das ist doch so muslimisch.“, „Ich glaube, da kann man einen Tagesausflug hin machen, wenn einem in einer der vielen Bettenburgen im tunesischen Pauschalurlaub die Decke auf den Kopf fällt.“ Als Reiseziel kam es bislang vorwiegend als Stopover für Geschichtsinteressierte, Star Wars Fans, Strandurlauber und seit ein paar Jahren auch für Golfer in Frage.
Dass die Hauptstadt des nördlichsten Landes Afrikas (Tunesien liegt nur 140 km von Sizilien entfernt am Mittelmeer) in vielen Hinsichten eher mediterran, denn arabisch oder afrikanisch anmutet wissen die wenigsten. Auch dass es 2014 als erstes Land in der arabischen Welt eine Verfassung verabschiedet hat, welche die Glaubens- und Gewissensfreiheit sowie die Gleichstellung von Mann und Frau garantiert und 2015 als erstes arabisches Land auf der Freedom Map der Organisation Freedom House mit dem Status „frei“ bewertet wurde, wusste ich vor meinem ersten Besuch dort nicht.
Tunesien ist im besten Sinne ein Land und Tunis eine Stadt im Aufbruch, auch wenn aus unserer europäischen Sicht noch ein weiter Weg notwendiger Öffnung und Veränderung vor ihr liegt. Es gibt glamouröse Luxushotels, tolle Shops und Concept Stores, chice Restaurants, kleine Modelabels und sogar eine Fashionweek. Nur rund ein Drittel der Frauen, die ich auf den Straßen gesehen habe, trugen ein Kopftuch. Unter den Besucherinnen der Tunis Fashion Week nur ganz wenige. Gerade die jüngeren Tunesierinnen und Tunesier haben sich auf eben diesen Weg der Veränderung gemacht und erschließen sich – sofern es ihnen ihre finanzielle Situation ermöglicht – ein Fashionista- und Fashionisto-Leben, wie es ihnen gefällt.
Tunis lohnt sich deshalb gerade auch für Frauen, die sich mit ihren Freundinnen bei einem Mädelswochenende in Tunis eine schöne Zeit machen wollen! Folgen Sie mir auf einen kleinen Ausflug in diese wunderschöne Stadt, die es mit vielen der gängigen Wochenendtripdestination aufnehmen kann und auch den Vergleich mit den Großstädten der Welt nicht scheuen muss, aber im Moment noch ein kleiner und bezahlbarer Geheimtipp ist.
Wie man sich bettet…
Bezahlbarer Luxus – das Four Seasons Tunis
Wenige Hotels flüstern weltweit so überzeugend und selbstverständlich Luxus wie die Hotels der Four Seasons Kette. Das Four Seasons in Tunis tut dies auf seine eigene, ganz besondere Art. Stilvolles Interieur, luxuriöses Spa, eine magische Dachterrasse, die gemacht wurde für Champagner-Cocktails, und ein Restaurant, das Fine Dining mit großem Glanz aber ohne Blingbling inszeniert. Chic, stylish, reich und schön.
Wirklich besonders aber werden diese Fünf Sterne durch den Blick, den man hier wirklich von überall hat. Auf den Innenhof, den Pool mit chicer Poolbar, vor allem aber auf das glitzernde Mittelmeer.
Doppelzimmer in dieser Traumunterkunft gibt es ab 190 Euro!
Four Seasons Hotel Tunis
1057 La Marsa • Gammart • Tunesien
https://goo.gl/maps/Bvk7R16sB212
Shopping, Shopping, Shopping
Das Beste aus zwei Welten – moderne Conceptsstores treffen auf buntes Markttreiben in der Medina
Der Kontrast zwischen der Medina, der orientalischen Altstadt, und der europäisch anmutenden Neustadt von Tunis könnte nicht größer sein. Beide haben aber ihren Reiz und gehören auf jeden Fall zu den Musts bei einem Tunisbesuch.
Die Medina von Tunis wurde im 9. Jahrhundert angelegt und gehört seit 1979 zum UNESCO Weltkulturerbe. Ein Netz aus verwinkelten Gassen rankt sich um die Ez-Zitouna-Moschee, im Zentrum des Marktviertels, wobei einzelne Marktgassen (Souks) meist ein bestimmtes Warenangebot haben, z. B. Parfüm, Schuhe oder Stoffe. Ein großes Angebot an Cafés und Restaurants lädt zum Verweilen ein, nicht nur Touristen, auch viele Einheimische findet man hier. WLAN gibt es fast überall inklusive und so sitzen hier Studentinnen vor ihren Laptops neben alten Männer vor ihren Minztees.
Die Händler in den Gassen sind freundlich und eher zurückhaltend, Angst vor aggressiven Verkaufsstrategien, „Reinziehen“ in Geschäfte oder nervigen Verfolgern muss man hier nicht haben, was dieses Shoppingerlebnis für mich persönlich sehr angenehm macht. Insbesondere auch das Angebot an Babouches ist riesig und es ist auf jeden Fall für jeden Geschmack und jedes Budget etwas dabei. Schuh-Liebhaberinnen kommen hier auf jeden Fall auf ihre Kosten und es gibt ja immer auch Freunde und Geschwister, die beschenkt werden wollen. Wer kann, sollte handeln, denn das gehört auf jeden Fall dazu und lohnt sich gerade auch, wenn man mehrere Paare kauft, sehr.
Wem das Treiben in den Souks zu trubelig ist, der findet eine kleine, aber sehr feine Auswahl an Concept Stores, die meist in der Neustadt angesiedelt sind. Hotels bieten Shuttle- und Chauffeur-Dienste an und auch Taxis findet man leicht und kosten nicht viel.
Besonders toll finde ich den Concept Store Supersouk, in dem man unter anderem die bequemen und stylishen Babouches von Samarkand kaufen kann… verlassen Sie Tunis auf keinen Fall ohne ein bis fünf Paare dieser superchicen Treter aus exklusiven Stoffen und Ledern großer Modehäuser.
Wiederentdeckte Tradition – Hipster-Style: die Chechia
Neben den Babouches hat ein weiteres typisches Kleidungsstück der älteren Generation das Herz der Hipster von Tunis erobert. Die traditionelle Kopfbedeckung Chechia wurde vor einiger Zeit neu entdeckt und bedeckt immer mehr Köpfe der einheimischen Fashionistas und Fashionistos. Wie einst Heidi Klum mit ihren Birkenstocks hauchen sie ihm durch die Kombination mit Lederjacken, Jeans oder Minikleidern neues Leben ein.
Auch mich hat die handgefilzte Pillbox-ähnliche Mütze sofort begeistert und macht aus mir wie ich finde – im weitesten Sinne – eine Art Jackie O. Der intellektuell-öko angehauchten Kölner Südstadt.
Die besten Chechias gibt’s bei Fathi Blaich, der sein Gewerbe und seinen Laden von seinem Vater geerbt hat. Wer mag, bekommt von ihm auch gerne einen Einblick in seine Handwerkskunst und den aufwändigen Produktionsprozess, der hinter jedem seiner Unikate liegt. Ein Fez aus seiner Werkstatt befindet sich sogar im Bildbestand des British Museum. Im Gegensatz zur marokkanischen Variante, dem Fez, ist die Chechia weniger hoch und viel weicher. Es gibt sie in vielen verschiedenen Farben, sie kosten zwischen 6 und 30 Euro, abhängig von der Qualität.
Meine Wahl fällt auf ein wollweißes Exemplar aus besonders weicher Wolle. Fathi Blaich faltet meine Kappe zusammen und rollt sie in Papier mit seinem Logo ein. Zuhause wartete sie seitdem auf ihren ersten Einsatz in diesem Herbst. Schon jetzt weiß ich, dass ich ein paar weitere Chechias hätte mitnehmen sollen, so begeistert bin ich von meinem Hipster-Mützchen.
Fathi Blaich
4 Grand Souk Chechias • Medina de Tunis • 1008 Tunis
Nokta – Design meets Kunsthandwerk
Überhaupt ist die coole Version des Kunsthandwerks ein großes Thema in dieser Stadt. Lederwaren, vor allem Schuhe und Taschen, und Schönes rund ums Leben und Wohnen findet man bei Nokta, einem Design Kollektiv ein paar Straßen zu Fuß vom Zentrum entfernt. Alles in Kleinstauflagen und mit viel Liebe zum Detail entworfen, lassen diese limited editions so manches Frauenherz höher schlagen.
http://noktaproduction.com
contact@noktaproduction.com
42 bis rue du Pacha • la Médina • Tunis
Mehr als Lunch – das Fondouk el Attarine
Im Fondouk el Attarine steht selbst der Lunch im Zeichen des gepflegten Shoppings. In einem zauberhaften Innenhof gibt es auf zwei Etagen arabische und mediterrane Speisen, von gegrilltem Gemüse über Humus bis hin zu frischen Fischgerichten. Während dessen ist man von kleinen Shops umringt, die die Konzentration auf das – vorzügliche Essen – schwer machen und einen ausgiebigen Shoppingrundgang (selbstverständlich auf beiden Etagen) unabdingbar machen. Vor dem Essen, danach und falls man gar nicht anders kann, auch mittendrin.
Fondouk El Attarine
9 bis • Souk el Attarine • Tunis Medina
http://www.fondoukelattarine.com/
Umhüllt von Licht und Farbe – die Seele baumeln lassen in Sidi Bou Said
Dar Alaia
Sidi Bou Said ist ein Vorort von Tunis, in dem Macke und Klee ihr künstlerisches Schaffen weiterentwickelt haben und wo in der Dar Alaia Videoinstallationen von allen großen Ausstellung des Modeschöpfers Azzedine Alaia auf modebegeisterte Fashionistas warten.
Der Eintritt in das ehemalige Wohnhaus des kürzlich verstorbenen Ausnahmetalents ist kostenlos. Das malerisch gelegene Haus ist leer, an den Wänden hängen einige Bilder, die das Leben und das Werk Azzedine Alaias zeigen. Lebendig wird dieses Werk in den vielen kleinen und großen Räumen, in denen die Kollektionen der vergangenen Jahre und die Ausstellung, die es zu ihnen gab, präsentiert werden.
Das Wetter lässt eine Ausstellung der tatsächlichen Kleider leider nicht zu und auch Fotos darf man im Innern des Hauses nicht machen. Für Alaia Fans und Modebegeisterte ist ein Besuch der Dar Alaia aber trotzdem ein Muss, wenn man in Sidi Bou Said ist.
Aber auch ohne Alaia war Sidi Bou Said eines meiner Highlights in Tunis. Das ganze Viertel strahlt in mediterranem Blau und Weiß und lädt zum Flanieren und Entspannen ein.
Man glaubt förmlich die Anziehungskraft zu spüren, die dieser Ort auf Paul Klee, August Macke und Louis Moilliet 1914 gehabt haben muss, kann nachfühlen, wie sich das Licht und die einzigartige Stimmung dieses Ortes in ihr Werk geschlichen haben.
Überall gibt es kleine Restaurants und Cafés, die mediterranes Flair und orientalische Gastfreundschaft verbreiten.
Lunch in der Villa Bleue
Eines dieser Restaurants ist auf der Dachterrasse der La Villa Bleue, ein Fünf-Sterne Hotel in einem wunderschönen, verwinkelten Eckhaus mitten in Sidi Bou Said, mit Pool und Blick auf das Meer. Die grandiose Vorspeisen werden noch getoppt von meinem gegrillten Oktopus und der tunesische Roséwein mit dem schönen Namen Petal de Rose passt perfekt. Alkohol wird im muslimischen Tunis nicht überall, aber doch sehr häufig angeboten. Die lokalen Weine sind nicht schlecht und im Gegensatz zu importierten Alkoholika auch gut bezahlbar.
Gerade in der jüngeren Generation ist der Genuss von Alkohol – auch unter Frauen – keine Seltenheit und wie immer im Leben eine Frage der eigenen Überzeugungen.
LA VILLA BLEUE
68 rue Kennedy Sidi Bou Said – 2026 Tunisie
Telephone :+216 71 742 000
http://www.lavillableuesidibousaid.com
Wie sieht es mit Ihren Überzeugungen aus?
Sind Sie bereit für einen Mädelsurlaub, der nicht schon von jeder X-beliebigen Frauenzeitschrift besungen wurde?
Dann nichts wie los und raus aus dem November-Blues und auf in eine Stadt voller schicker Überraschungen!
Eurowings fliegt schon ab 69,90 Euro von Köln / Bonn nach Tunis.
Weitere Tunis-Inspirationen gefällig?
- Wer lieber in der Stadt wohnt, dem empfehle ich das Hotel Laico Tunis.
- Mehr über tunesische Mode mit einem Augenzwinkern gibt es hier:
Cobain loved Falafel – von Lyoum
Photo credits: Stephan Burghoff - Instagram @stephanburghoff
Kooperation: Discover Tunisia