Auf der Frankfurter Buchmesse gaben sich über 4000 Verlage aus aller Welt ein Stelldichein. Eine persönliche Nachlese.
- Die Moderatorinnen der 3sat Kulturzeit sehen bei ihren Auftritten auf der Lesebühne noch viel besser aus als auf dem Bildschirm.
- Florian Illies redet bei seiner Buchvorstellung wie ein Wasserfall. Ironisch plaudernd serviert er Schmankerl aus dem Alltag und Privatleben der deutschen Schriftsteller im ersten Sommer ihres Exils in Sanrary-sur-Mer im Sommer 1933. Es gibt Abendgesellschaften und Badenachmittage, man zerstreut sich beim Boulespiel, schläft morgens mit der Ehefrau und nachmittags mit der mitgereisten Sekretärin. Im Mittelpunkt steht die Familie Thomas Mann. Hier hat laut Illies jeder einen Knacks. Der Vater ist besorgt, unter seinem Niveau zu leben und bemängelt das fehlende Heißgetränk auf der Zugfahrt ins Exil. Die Mutter verlangt in der Boulangerie frisches Baguette, denn altes sei dem Weltruhm ihres Gatten nicht zumutbar. Gut gemachte Unterhaltung à la Netlix. It´s a Florian Illies, Baby!
- Der Schrittzähler läuft heiß und wer in den weitläufigen Hallen überleben will, hat es mit einer Presseakkreditierung leichter. Die Presse-Lounge ist der Himmel. Kaffee, Tee, weiche Sessel, Teppichboden, Ruhe.
- Egal, wo Du auch bist, du verpasst immer etwas anderes.
- China, die arabischen Staaten, Singapur trumpfen mit Riesenflächen auf. Trotzdem leere Stuhlreihen. Singapur macht den rührenden Versuch, mit einem Büffet mit Koch und Bedienung Interesse zu wecken. Die Nudel als Lockmittel.
- In der Halle von New Romance tragen die meisten jungen Frauen die gleiche schreckliche Frisur wie Caroline Wahl.
- Die Schere geht auch auf der Buchmesse auseinander. Die großen Verlage haben immer opulentere Stände, die Kojen der kleinen werden immer mickriger oder sie stellen an Gemeinschaftsständen aus. Viele kommen gar nicht mehr. Die hoen Standgebühren, die zurückgehenden Buchverkäufe, heißt es.
- Viele Verlage haben einen halben Gemischtwarenladen dabei. Stifte, Kladden, Hefte, Mappen. Mare (kleiner Stand) verkauft jetzt auch „exklusive Düfte“. La Plage de Paris, L´Air du Nord, Eau du Levant. 100 ml für 125 Euro. Das anspruchsvolle Buch hat fertig.
- 50 Prozent der amerikanischen Aussteller sind nationalistische Bibelverleger, die mit ihren adipösen Körpern auf zu kleinen Hockern klemmen.
- Die Lyrikerin Nora Gomringer hat nicht nur überbordenden Witz und Charme, sondern mit ihrem ersten Roman „Am Meerschwein übt das Kind den Tod“ auch das Buch der Saison im Gepäck. Laut Gomringer ein „Nachrough“ auf ihre verstorbene Mutter.
- Es ist schon toll, das eigene Buch und die Bücher von Freunden auf der Buchmesse zu besuchen.

Auf der Frankfurter Buchmesse 2016 sah die Welt noch anders aus. Hier gehts zu meinem Bericht: https://stylerebelles.com/lesen-macht-suechtig-mein-rueckblick-auf-die-frankfurter-buchmesse-2016/
Foto: Stephan Burghoff