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Angelika Schindler-Obenhaus: Spitzenmanagerin im Kampf gegen Brustkrebs

Angelika Schindler-Obenhaus stand schon seit einiger Zeit auf meiner Interview-Wunschliste. Ihre apart-elegante Erscheinung war mir auf Instagram aufgefallen, wo die Spitzen-Managerin täglich ein Foto von sich und ihren superschicken Outfits postet. Sehr ungewöhnlich für höchste Management-Kreise!  Angelika Schindler-Obenhaus ist seit 2010 Vorstand der Katag AG in Bielefeld, Europas führendem Einkaufsverband im Bereich Mode. Einer lokalen Tageszeitung sagte sie, Know-how und die Fähigkeit, sich gegen Männer durchzusetzen, habe sie an die Spitze geführt. „Ich habe immer den Mund aufgemacht und war nie bequem.“ Kinder hat sie nicht – „das wäre nicht mit der Karriere vereinbar gewesen.“ Ihr Mann, der ein Unternehmen für Moutainbike-Reisen führt, habe sie stets unterstützt. Vor einigen Wochen hat die vielbeschäftigte Managerin die Schirmherrschaft des neu gegründeten Vereins LebensHeldin e.V. übernommen. Er unterstützt Frauen mit der Diagnose Brustkrebs.

 

1. Worum geht es bei Lebensheldin e.V.?
Der Verein richtet sich an Frauen, die Brustkrebs haben. Allein in Deutschland erkrankt jede 7. Frau. Das sind jedes Jahr 72 000 Frauen. Früher galt Brustkrebs als Alterskrankheit, inzwischen sind die meisten Frauen zwischen 45 und 55. Wir möchten einen Beitrag dazu leisten, die Lebensqualität der betroffenen Frauen positiv zu beeinflussen und ihnen dabei helfen, glücklicher, gesünder und länger zu leben.

2. Warum haben Sie die Schirmherrschaft bei Lebensheldin e.V. übernommen?
Bei der Katag haben wir im letzten Jahr 2 Kolleginnen gehabt, die erkrankt sind. Ich habe aus nächster Nähe gesehen, wie die Krankheit das Leben dieser Frauen von jetzt auf gleich auf den Kopf gestellt hat. Das hat mich total umgehauen. Eine Mitarbeiterin war Mitte 30, hat zwei kleine Kinder und verlor beide Brüste. Die andere bekam 16 Chemotherapien. Es hängt natürlich von der Schwere der Erkrankung ab, aber eigentlich bleibt im Leben einer erkrankten Frau kein Stein auf dem anderen. Es geht um Chemotherapie, Haarausfall, den Verlust einer oder beider Brüste, das Selbstverständnis als Frau, die Akzeptanz des Partners, Sexualität, Kinder. Wenn man in diesem schwierigen Moment auch noch ein Rezept für einen Prothesen-BH in der Hand hält und ins Sanitätshaus geht, fühlt man sich gleich noch mal kränker und älter. Die beiden Gründerinnen des Vereins LebensHeldin e.V., Isabella Ladines und Silke Linsenmaier, haben es sich zur Aufgabe gemacht, Frauen genau in diesem Moment abzuholen.

 

Day Spas für brustoperierte Frauen

3. Wie soll die Unterstützung aussehen?
In Amerika gibt es schon das Konzept des Day Spas für brustoperierte Frauen. Dort ist man in einem geschützten Raum unter Seinesgleichen. Es gibt Make up Artisten, die Frauen unterstützen, deren Augenbrauen und Wimpern ausfallen. Es gibt eine intensivere Perückenberatung als in einem Perückenladen. Man kann BHs erwerben, die nicht den Namen „Prothesenhalterung“ tragen, sondern die den Anspruch haben, ein Dessous zu sein. Oder man kann psychologische Unterstützung bekommen. Eine solche Form der Unterstützung und Beratung möchten wir in Deutschland aufbauen. Auch online, um für die junge Generation erreichbar zu sein, für die digital natives, für die das heute ganz normal ist. Es ist ein Podcast geplant, in dem sich jeder Rat holen kann.

4. Was können Sie persönlich beitragen?
Ich finde es wichtig, die Selbstakzeptanz erkrankter Frauen zu stärken und ihnen das Bewusstsein zu geben, dass sie immer noch begehrenswerte Frauen sind. Mir liegt es auch am Herzen, mit dem Textilfachhandel zusammenzuarbeiten, um die Unterwäsche und Bademoden nicht mehr nur in Sanitätshäusern, sondern im normalen Textilgeschäft anzubieten. All das finde ich unterstützenswert. Deshalb war ich schnell bereit, die Schirmherrschaft zu übernehmen, was ich noch nie getan habe.

 

„Krebs kann jeden jederzeit treffen.“

5. Ist es in Ihren Augen ein Vorteil, wenn man als Gesicht der Kampagne selbst nicht betroffen ist?
Ich weiß gar nicht, ob es ein Vor- oder Nachteil ist. Ich weiß nur, dass Krebs jeden jederzeit treffen kann. Und zwar, ohne dass wir es bemerken, denn Krebs tut nicht weh. Wenn er weh tut, ist es zu spät. Es kann jeden treffen, jederzeit und vielleicht sollte man sich heute schon mal damit auseinandersetzen, damit man, wenn es einen betrifft, zumindest schon mal eine Anlaufstelle hat und nicht in dieses tiefe Tal stürzt.

6. Gute Strategie.
Ich bin eigentlich ein sehr optimistischer Mensch und denke nicht darüber nach, welche Krankheiten mich ereilen könnten. Trotzdem sage ich immer: Krebs ist etwas, was jeden treffen kann. Niemand ist davor gefeit.

7. Wie sieht Ihre Arbeit für LebensHeldin e-V. konkret aus?
Im Moment ist meine Hauptaufgabe, Spenden einzusammeln, damit der Verein überhaupt in die Lage kommt, etwas zu tun. Wir brauchen allein 256 000 Euro, um die ersten Projekte wie die online-Plattform in Gang zu bringen. Da wir bei der Katag mit vielen Wäschelieferanten zusammenarbeiten, kann ich helfen, ein Netzwerk zwischen den LebensHeldinnen und der Wäscheindustrie aufzubauen. Ich bin dabei, Industrie und Handel durch persönliche Briefe auf den Verein aufmerksam zu machen. Es geht zum Beispiel darum, langfristige Kooperationen zur Entwicklung neuer BHs anzuregen. Es ist erst mal Klinkenputzen und Gucken. Aber wenn sich von 100 Klinken 10 öffnen, wäre das ja schon mal was. Einfach ist es nicht, aber was ist schon einfach? Man muss es halt beginnen.

8. Wie viel Zeit pro Woche wenden Sie für die LebensHeldinnen auf?
Weil wir noch ganz am Anfang stehen, ist der Zeitaufwand im Moment hoch. Pro Tag sind es anderthalb bis zwei Stunden.

 

Nach der Erkrankung in ein erfülltes Leben zurückkehren

9. Wie kann Lebensheldin e.V. helfen, die Stigmatisierung, die immer noch mit einer Brustkrebserkrankung verbunden ist, zu mindern?
Frauen, die an Brustkrebs erkranken, sind wie gebrandmarkt. Häufig werden sie als todgeweiht betrachtet. Es ist daher unser Hauptanliegen, sie aus dieser Ecke herauszuholen. Wir möchten ihr Selbstbewusstsein stärken und ihnen helfen, in ein erfülltes Leben zurückzukehren. Wir möchten mit den Day Spas Einrichtungen schaffen, die genau diese Stigmatisierung auffangen. Die betroffenen Frauen können es sich dort gut gehen lassen und sich genau das holen, was sie im Moment brauchen. Das kann ein Gespräch mit anderen Betroffenen sein, ein Make up, ein Badeanzug oder psychologische Unterstützung, um die Dinge nach der Gesundung neu oder anders anzugehen. Oder in sein altes Leben zurückzukehren, weil man feststellt, das alles richtig ist, so wie es ist. Auch das kann eine Erkenntnis sein. Wir alle hadern oft genug. Ich frage mich auch manchmal: Macht es eigentlich Sinn, den Leuten Dinge, die eigentlich kein Mensch braucht, permanent aufschwatzen zu wollen? Denn wir haben ja eigentlich alle von allem viel zu viel oder genug. Und dann kommen wieder Tage, an denen ich sage: Das ist genau meine Leidenschaft, ich möchte nichts anderes machen.

10. Wie toll, dass mit Ihnen die richtige Frau an Bord ist.
Das hoffe ich, aber ich denke schon, dass ich Möglichkeiten habe, zu helfen. Wir haben bei der Katag einen eigenen Wäschebereich und machen Bademoden. Wir können den Fachhandel erreichen. Wir sind ja heute so gläsern wie nur irgendwas. Der Fachhandel wird wohl Daten über seine Kunden haben und wissen, wer eine Erkrankung hat. Ich würde mir wünschen, dass er sie dazu nutzt, diese Kundinnen zu tollen Beratungsabenden einzuladen, wo dann die LebensHeldinnen auch bereit wären, Schulungen durchzuführen.

 

Angelika Schindler-Obenhaus persönlich

Was trugen Sie als Kind? Auf Kinderfotos trage ich immer Sonnenbrille und Handtasche. Dazu Kleider und Kostüme, häufig in Dunkelblau. Ich habe immer drauf geachtet, dass die Accessoires passen.

Welche Erinnerungen verbinden Sie mit der Kleidung Ihrer Mutter? Das Bild einer Dame. Meine Mutter hat immer Hut, Mantel, Handschuhe, Tasche und Schuhe getragen. Es war immer alles aufeinander abgestimmt, auch bei meinem Vater. Man hat immer Wert drauf gelegt, dass man richtig gekleidet ist. dem Anlass entsprechend und aus Respekt vor den Gastgebern, zu denen man geht.

Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihre Berufskleidung aus? Da habe ich richtig Glück. Ich kann mich komplett ausleben und anziehen, worauf ich Lust habe. Ich kann sogar Chucks mit einer zerrissenen Jeans anziehen, weil man sagt: Ist halt Mode! Nur wenn wir Aufsichtsratssitzung haben, achte ich darauf, dass ich ein Kleid oder Kostüm trage. Ich bin eher ein praktischer Typ. In High Heels rumzustöckeln, ist mir nicht gegeben. Da bleibe ich im Kopfsteinpflaster hängen. Ich finde es bewundernswert, wenn eine Frau das kann. Aber es ist nicht mein Ding.

Wo holen Sie sich modische Anregungen? Ich reise viel, sehe mich bei Instagram um und lese die eingängigen Modezeitschriften. In Papierform, digital zu lesen, empfinde ich als anstrengend. Ich bin jemand, der noch Seiten ausreißt und nicht immer nur Screenshots macht. Bei der Katag haben wir das Glück, dass wir mit WGSN arbeiten, einer online-Plattform, die die kommenden Modetrends zeigt und bei der alle Designer mitarbeiten. Ich kann dort zum Beispiel sehen, was in diesem Moment in Tokio oder in New York im Schaufenster hängt. Das ist eine große Inspirationsquellefür mich.

Ihre Modeikonen? Audrey Hepburn und Grace Kelly. Frauen, die einen eigenen Stil hatten.

Ihr Lieblingsgericht? Gurke mit Milch und Pellkartoffeln. Die Gurken werden in Scheiben geschnitten, mit Salz und Pfeffer gewürzt und mit Milch übergossen. Weil ich Vegetarierin bin, nehme ich heute Reismilch, früher war es richtige Milch. Es ist ein Gericht aus meiner Kindheit, das ich im Sommer häufig bei meiner Oma gegessen habe. Könnte ich mich reinlegen. Es geht schnell, und ich finde es unglaublich lecker. Kann ich aber nur essen, wenn mein Mann nicht zu Hause ist.

Ihr Kraftort? Meine Yogaecke zu Hause und mein Garten.

 

Auf Instagram finden Sie den Account von Angelika Schindler-Obenhaus unter asobenhaus.

Über den Verein LebensHeldin e.V. erfahren Sie mehr unter www.lebensheldin.de Vielleicht haben Sie ja auch Lust bekommen – so wie wir auch – die LebensHeldinnen mit einer kleinen Spende zu unterstützen. Daher hier das Spendenkonto: Hamburger Volksbank, DE66 2019 0003 0084 6025 03 BIC: GNODEF1HH2

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4 Kommentare

  1. Werner Heckmann
    31/08/2018 / 08:21

    Schöner Bericht über ein schwiriges Thema! Danke für die Anregungen !

  2. Ursel
    Autor
    31/08/2018 / 09:50

    Vielen Dank, lieber Herr Heckmann.

  3. Susa Berg
    04/09/2018 / 09:22

    Interessante, sympathische Frau mit einem wichtigen Projekt und viel Energie. Ein Thema, das jede jederzeit betreffen kann.
    Vielen Dank!

  4. Ursel
    Autor
    05/09/2018 / 12:32

    Finden wir auch, weshalb wir auch weiter über die Aktivitäten von LebensHeldin e.V. berichten werden.

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