Er hatte die Kamera immer dabei. Wenn er nach Paris, Tokio, Chile, Zentralafrika und zurück nach Amsterdam reiste. Wenn er ins Bett ging, zu seiner ersten, zweiten und dritten Ehefrau. In dem Moment, als er vor seiner Krebserkrankung kapitulierte und mit der Kamera unsentimental sein Sterben dokumentierte. Ed van der Elsken (1925-1990) war „ein Mann, der sich am liebsten eine Kamera in seinen Kopf transplantiert hätte, um alles aufzunehmen, was um ihn herum geschah.“ schreibt Beatrix Ruf, die Direktorin des Amsterdamer Stedelijk Museums im Katalog zur sehenswerten Retrospektive „Ed van der Elsken – Camera in Love“, die bis zum 21. Mai im Amsterdamer Stedelijk Museum gezeigt wird.
Ed van der Elsken gilt als bedeutendster Straßenfotograf des 20. Jahrhunderts. Mit seiner Kamera suchte er nach Menschen, die er als „Leute meines Schlages“ bezeichnete. Menschen am Rande der Gesellschaft. Seine ersten Fotos machte er nach dem 2. Weltkrieg im zerstörten Amsterdam. 1950 zog er nach Paris um und lebte als Bohemien im Quartier Latin. Für Furore sorgte sein Fotobuch „Love on the Left Bank“. Er zeigt darin in melancholischen, aber auch harten Bildern ein Liebespaar, das sich in der trostlos-bitteren Armut einer Großstadt kennenlernt und wieder verliert. Sichtbar wird eine Welt jenseits aller Moral und bürgerlichen Ordnung, die schockiert und deren rauem Charme man sich andererseits kaum entziehen kann.
1960 verkaufte er alles, was er besaß, und ging mit seiner zweiten Frau auf eine 14 monatige Weltreise. Immer wieder reiste er nach Zentralafrika, wo er den Daseinskampf von Menschen und Tieren dokumentierte. 1971 ließ er sich in den Niederlanden nieder, als Hippie mit seiner dritten Frau auf einem Bauernhof bei Edam.
Die Amsterdamer Ausstellung zeigt eine umfassende Werkschau aus Fotos, Filmen, Skizzen und Briefen, in der man Ed van der Elsken als Künstler, Liebhaber, Familienvater und Reisenden erlebt. Was die Besucherin mitgenommen hat, sind viele eindringliche Schwarz-Weiß-Fotos und ein Satz aus einem seiner Filme: „Be strong everybody. Take care. Show who you are.“
(Die Ausstellung wird noch bis zum 21. Mai 2017 im Stedelijk Museum Amsterdam gezeigt, anschließend von Juni bis September im Pariser Jeu de Paume und danach in der Fundacion Mapfre in Madrid.)