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Reißt Euch zusammen!

Reißt Euch zusammen!Teil-Lockdown also. Endlich, dachte ich, als diese Maßnahme letzte Woche verkündet wurde. Seit Anfang Oktober lief die Pandemie aus dem Ruder. Die Zahl der Corona-Hotspots stieg, in vielen Regionen waren die Gesundheitsämter mit der Kontaktnachverfolgung überfordert, das Fachpersonal für die Betreuung von Intensivpatienten wurde knapper, die Infektionszahlen stiegen exponentiell. Die Politik hat die neuen Regeln nur zögerlich aufgestellt, weil sich in der Bevölkerung ein Gefühl des Überdrusses einstellt. Mehr als jeder dritte Deutsche sagt, er sei pandemiemüde. Und ich denke mir: Hä????

Als im Frühjahr auf der Südhalbkugel der Herbst Einzug hielt und die Temperaturen sanken, gab es in Neuseeland EINEN Infizierten. Daraufhin ging das ganze Land in einen harten Lockdown. Sogar Post, die aus dem Ausland kam, wurde blockiert. Online-Bestellungen ebenfalls, weil man den Zustellern nicht zumuten wollte, sie auszutragen. Hat man da irgendjemanden jammern hören?

Als kurz darauf 200 Infizierte im Nachbarland Australien, und zwar in der Metropole Melbourne gemeldet wurden, ging der gesamte Bundesstaat Victoria in einen harten Lockdown. Er dauerte 112 Tage. 2 Monate lang bestand eine nächtliche Ausgangssperre. Die Grenzen zwischen allen australischen Bundesstaaten wurden geschlossen, der Reiseverkehr eingestellt. Noch bis zum 15. November muss, wer z.B. von Melbourne nach Perth reisen möchte, nach der Ankunft für 14 Tage in Quarantäne. Hört man deswegen irgendjemanden jammern?

Wir verzärtelten, verwöhnten und ich muss es leider sagen – dekadenten Europäer dagegen jammern über das Zusammentreffen von Pandemie und November. Wir beklagen uns über Eingriffe in unsere persönliche Freiheit. Wie die ZEIT schreibt, kommen elf Prozent der Bürger der Maskenpflicht nicht mehr nach, 16 Prozent ignorieren die Abstandsregeln und 19 Prozent verzichten aufs gebotene häufige Händewaschen. Trotzig feiert das junge Partyvolk in den Garagen Oktoberfeste und Halloween.

Die Pandemie erschwert das Verständnis zwischen den Generationen. Das ist tragisch, denn gerade jetzt kommt es darauf an, zusammen zu stehen. Die Pandemie können wir nur gemeinsam besiegen. Doch jüngere Leute belächeln die Vorsicht der Älteren. Uns Alten dagegen fehlt jedes Verständnis für die Feierbiester. Menschen meines Alters, die Kinder von Eltern sind, die einen bzw. zwei Weltkriege erlebt haben, tragen selbst noch eine Art Trümmerfrauen-Gen in sich. Zeitweilig Verzicht zu üben und die Zähne zusammenzubeißen, fällt uns leichter als jüngeren Menschen. Aber auch für uns ist nicht einfach, die Enkel nicht mehr zu sehen, nicht mehr reisen zu können, engste Freunde nur noch vor dem Skype-Bildschirm zu treffen. Am schlimmsten ist es zu spüren, wie einem angesichts des eigenen Alters die Zeit wegläuft für bestimmte Pläne, für die die Kraft vielleicht bald schon nicht mehr ausreichen wird. Das alles ist schrecklich, aber man kriegt es hin, wenn man sich klar macht, was die Alternative ist. Zum Beispiel dass die Liebsten und man selbst erkrankt. Zum Beispiel dass demnächst die Intensivstationen überfüllt sind und Ärzte entscheiden müssen, wer ans Beatmungsgerät angeschlossen wird und wer allein in der Besenkammer des Krankenhauses ersticken wird.

Zu den wenigen Gewissheiten, die es im Moment gibt, gehört diese: Auch dieser November wird vorübergehen. Und ein kleiner Trost: In der Landwirtschaft hat das neue Jahr schon begonnen. Die Saat ist im Boden.

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4 Kommentare

  1. Susa Berg
    04/11/2020 / 11:35

    Hallo Ursel,
    dem habe ich nichts hinzuzufügen. Ist jetzt halt so, Ball flach halten, Virus aushalten!
    Sonnige Grüße vom Rhein,
    Susa

  2. Ursel
    Autor
    04/11/2020 / 13:49

    Wie immer freue ich mich sehr über Dein Feedback, liebe Susa. Pass gut auf Dich auf und bleib gesund.
    Ursel

  3. Stephanie Robben
    05/11/2020 / 12:56

    Wie Recht du hast, liebe Ursel!
    Was zeichnet euch 3 aus (wie in eurer Kopfzeile)?
    Meinungsstärke!!
    Deine Steffie

  4. Ursel
    Autor
    05/11/2020 / 16:57

    Steffi!!! Grosse Sehnsucht. Pass gut auf Dich auf und bleib optimistisch.

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