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Tag 34: Werde ich langsam komisch?

Tag 34: Werde ich langsam komisch?Yoga machen.
Französisch Lektion 11 wiederholen (Vivre en Europe)
Die Fenster zur Straße putzen.
Betten frisch beziehen.
60 Minuten flott spazieren gehen.
Telefonliste abarbeiten (9 x Danke sagen für Ostergrüße)
Waschküche aufräumen und wischen. (Oh Gott!)
Die Bücher vom großen Stapel auf der Fensterbank lesen.
Bananenbrot backen.
Hochbeet befüllen und bepflanzen.

Ich legte den Stift nieder und las alles noch einmal durch. Ich bin ein großer Fan von Listen, gerade jetzt in diesen Tagen der Isolation. Viele von uns schreiben in dieser merkwürdigen Zeit Listen. Das Leben ist mehr oder weniger eingefroren, und es geht darum, sein Leben in den eigenen vier Wänden zu gestalten. Struktur in den Alltag bringen. Sport treiben. Gesund kochen.

Wir alle sind es gewohnt, dass immer etwas passiert. Wir arbeiten, kaufen ein, treffen Freunde, gehen essen und ins Kino, verreisen, machen Pläne für Pfingsten, den Sommer, den Herbst. Und jetzt? Wir sitzen zu Hause und sind mit uns selbst konfrontiert. Die Situation ist ungewohnt und viele von uns sind damit überfordert. Stille und Stillstand können Angst erzeugen. Also tun wir, was wir gewohnt sind, zu tun: Wir füllen die Zeit.

Einige Tage später. Ich sitze auf der Terrasse und tue nichts. Obwohl, ganz stimmt das nicht. Ich blicke in den blühenden Kirschbaum, auf den Flieder und die prallen Knospen der Waldreben. Sie sehen aus, als würden sie jede Sekunde aufplatzen. Ich höre das Zwitschern der Vögel. Es geht mir gut.

Jüngere Leserinnen werden jetzt denken: Die Arme, sie kommt aus einem anderen Jahrhundert. Aber erstens ist es so und außerdem: Stammen nicht die wohltuendsten Empfindungen aus längst vergangenen Zeiten? Müßiggang zwischen Dösen und Träumen. Einfach dasitzen. Nichtstun. Gerade wenn wir nichts tun, passiert oft etwas Gutes. Wir kommen zur Ruhe. Nichts lenkt uns ab. Der Kopf wird frei, und das Gehirn hat Zeit, die Gedanken einfach mal wandern zu lassen.

Ich stehe auf und gehe ins Haus. Ich setze mich an den Schreibtisch. Eine Zeit wie diese, in der alles stillsteht und wir Zeit für uns selbst haben, wird es (hoffentlich) nur dieses eine Mal geben und danach nie wieder. Im Nachhinein könnten wir sie als sehr wertvoll betrachten. Ich nehme den Kugelschreiber, streiche die Punkte auf meiner Liste durch und schreibe eine neue. Sie hat nur noch eine Zeile.

Den Blumen beim Wachsen zusehen.

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4 Kommentare

  1. 15/04/2020 / 10:17

    meine ungelesenen Bücher liegen im Karton, Bananenbrot spukt mir nicht im Kopf rum . Ansonsten ist meine abgearbeitete Liste 1 zu 1 Geschichte. gestern habe ich dem Grad beim wachsen zugeschaut, und nur sehr wenig gemacht. Heute geht´s weiter …ohne geschriebene Liste. Der Stapel auf dem Nähtisch wartet 😉
    Übrigens ne Du bist nicht komisch ….*gg
    LG heidi

  2. Susa Berg
    15/04/2020 / 11:12

    Liebe Ursel,

    das hast Du so schön geschrieben!
    Ich könnte manchmal zu viel kriegen, was sich die Menschen aufplustern mit ihren Großtaten à la „Gartenhaus entrümpeln, Keller ausmisten, Haushalt komplett neu strukturieren“. Kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Alle werden doch wohl mal ein paar Tage, Wochen (nun ja, ich hoffe mal nicht ) Monate die Füße still halten können. Ach ja, da ist noch die Variante „ein gutes Buch lesen“. Versteh‘ ich auch nicht, warum Menschen, die augenscheinlich sonst nicht zum Lesen kommen, sich dann direkt vornehmen, ein „gutes“ Buch zu lesen. Ein ganz normales würde für den Anfang reichen… Erinnert mich auch immer an den Begriff „gute Butter“.
    Ich lebe meinen normalen Berufsalltag ohne Homeoffice. Und nein, systemrelevant ist mein Beruf nicht, nur einkommensrelevant… Es ist halt ereignisloser als sonst. Wohnung, Büro, Supermarkt, Wohnung. That’s all. Ach ja, eigentlich… käme ich in weniger als einer Stunde mit dem Thalys in Paris-Nord an. So schaue ich aus dem Fenster und sehe den Rhein vorbeifließen. Auch schön!
    Zuversichtliche Grüße,
    Susa

  3. Ursel
    Autor
    15/04/2020 / 12:16

    Danke, liebe Heidi, da bin ich aber beruhigt. ;-))
    Stapel auf dem Nähtisch hört sich gut an. Beruhigt die Nerven.

  4. Ursel
    Autor
    15/04/2020 / 12:20

    Liebe Susa, stimmt ja! Du wärest jetzt eigentlich in Paris. Gut, dass Du es so pragmatisch nimmst. Ist ja nicht aufgehoben, sondern nur verschoben. Vielleicht auf Weihnachten. Dann treffen wir uns auf ein Gläschen im Bistro.

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