Ein bisschen sperrig und knurrig muss man sich den Groß-Architekten Ludwig Mies van der Rohe vorstellen, wenn er in Chicago, frühestens gegen zwei Uhr nachmittags, mit Martini-Cocktails und Zigarren seinen Arbeitstag begann: zwischen Leder- und Chromstahlsesseln, wie er sie 1929 für die Weltausstellung in Barcelona entworfen hatte, vor einer Sammlung von Paul-Klee-Bildern an weißen Wänden, zuletzt an Krücken, durch eine Arthritis halb gelähmt – in einer Fünf-Zimmer-Suite im dritten Stock eines Apartmenthauses im Norden der Stadt.
Kompromisse waren nicht die Sache des 1886 in Aachen geborenen Baumeisters, weder in seinen Aussagen noch in seinen Bauten. Er prägte den Leitsatz „Weniger ist mehr“, der in seiner radikalen Pragmatik keine Diskussionen zuließ. Für Mies gab es nach den verschnörkelten Stilen des 19. Jahrhunderts nur eine Richtung für die Architektur: Weg von den Verzierungen, hin zu asketischer Schlichtheit in Stahl, Glas und Beton.
Seine Bauwerke stehen in Chicago, New York, Berlin, Stuttgart – und in Krefeld. Dass sich die Stadt am Niederrhein einreihen darf in die bauliche Schaffensreihe Ludwig Mies van der Rohes, mag für manchen eine Überraschung sein. Dass er die beiden Fabrikanten-Villen Haus Lange und Haus Esters entworfen hat, ist allgemein bekannt. Naheliegend, dass er für die beiden Industriellen Josef Esters und Hermann Lange, die Anfang der 30er-Jahre ihre Fabriken zur Vereinigten Seidenwebereien AG („Verseidag“) zusammenschlossen, auch die neuen Produktionshallen entwarf. Es sind weltweit die einzigen Industriehallen, die Mies je gebaut hat.
Rund um einen vierstöckigen Quader und die angeschlossene Färberei mit Scheddach wuchsen zwischen 1931 und 1937 ein Uhrenturm, eine „Schlichterei“ (wo die Seidenfäden mit Benzin und Leinöl fürs Weben geschmeidig gemacht wurden) ein Pförtnerhaus und ein Backstein-Kraftwerk. Heute befindet sich in dem Gelände der Mies van der Rohe Business Park mit Büros, Ausstellungsräumen und einem schönen Café. Schauen Sie doch mal rein!
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Ich besuchte Krefeld auf Einladung von Tourismus NRW auf der Multiplikatorenreise #bauhauswow!