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Warum ich trotz Falten keine Schönheitsoperation an mir vornehmen lasse

SchönheitsoperationNicht lange her, ich war mit Cerstin zum Wochenende in Bad Driburg und sie fotografierte mich. Die Mittagssonne leuchtete mir ins Gesicht, perfektes Licht für ein Foto, dachte ich. Ich blickte in ihr Handy, Kopf auf Bildschirmhöhe, und lächelte. Dann sah ich das Bild und bekam einen Schreck. Wann, dachte ich, bin ich denn so alt geworden?

Etwas länger her, ich war in Berlin. Überall in der Stadt gibt es jetzt Orte, an denen man Schönheitseingriffe an sich vornehmen lassen kann. Die neue Schönheitsindustrie wird praktiziert in Fachpraxen für Plastische und Ästhetische Chirurgie oder in Kosmetikstudios. Es geht auch auf die Schnelle in der Mittagspause in Botox Bars, trendig eingerichtet mit sanftem Licht und einem Mobiliar, das an Szenecafés erinnert und junge Kunden anzieht. Einen Termin muss man dafür nicht vorab buchen. Die Behandlung dauert nicht lang, ein Skalpell braucht man dafür nicht. Die neue Schönheitschirurgie wird minimalinvasiv durchgeführt.

Zwei Stoffe kommen zum Einsatz. Das Nervengift Botox und Hyaluronsäure. Der erste glättet Falten und strafft die Stirn und die Augenpartie. Mit dem zweiten kann man Unterspritzungen vornehmen, die Volumen erzeugen, wo es gewünscht wird. Lippen werden praller, Wangen runder, Nasolabial- und Zornesfalten verschwinden.

Ich habe nie darüber nachgedacht, eine Schönheitskorrektur an mir vornehmen zu lassen.

Auch meine Blogkolleginnen nicht. Wir zeigen uns auf den Fotos im Blog ohne Filter. Unsere Fotos sind nicht bearbeitet. Unser Anliegen war immer, ältere Frauen zu ermutigen, nicht dem Schönheits- und Optimierungsdruck zu erliegen, sondern über ihr Alter und ihr Aussehen glücklich zu sein, es wert zu schätzen.

Meine Abneigung gegen Schönheitseingriffe hat damit zu tun, dass ich mir auf eine vielleicht etwas arrogante Art etwas einbilde auf mein Oberstübchen. In meiner Kindheit hieß es nie „Wie süß du bist! Wie hübsch!“ Stattdessen hörte ich, ich sei sprachbegabt. Im Nachhinein halte ich das für eine sehr gesunde Art des Aufwachsens für ein Mädchen. In den prägenden Jahren der Teenagerzeit galt ich als witzig und schlau, nicht als schön. Meine Rollenvorbilder waren intellektuelle Frauen wie Simone de Beauvoir und Juliette Gréco. Sicherlich ist meine Haltung auch dadurch geprägt, dass ich einmal sehr krank war und mich einigen Operationen unterziehen musste. Damals habe ich beschlossen, mir nie wieder ohne Not wehtun zu lassen und sehr dankbar zu sein jedes neue Lebensjahr, das mir geschenkt wird.

Ich fürchte auch die Abhängigkeit von Botox oder anderen Mitteln. Nachdem ich der Abhängigkeit des Haare Färbens entronnen bin und meine Haare grau trage, möchte ich mich nicht in eine neue Falle begeben. Botox wie auch Hyaloronsäure werden innerhalb von sechs Monaten wieder abgebaut; so ist die Veränderung nie von Dauer. Eine Behandlung mit diesen Stoffen zu beginnen, heißt, sich nach kurzer Zeit entscheiden zu müssen: Will ich weiter machen? Will ich mir das noch einmal leisten? Darauf Nein zu sagen, dürfte viel Kraft kosten. Egal, welche Behandlung man machen lässt, egal, wie viel Geld es kostet, es wird nie genug sein. So wird es immer weiter gehen.

Aber so einfach ist es dann doch nicht ohne Schönheitsoperation.

Unter meinen Freundinnen gibt es einige, die Schönheitsveränderungen haben machen lassen. Mit den Ergebnissen sind sie sehr zufrieden. Sie sehen danach vielleicht nicht grad zehn Jahre jünger aus, aber entspannt und irgendwie sehr gut erholt. Wenn ich zu Events eingeladen werde, bei denen sich Frauen treffen, die „als Frau von“ auftreten oder wichtige Jobs in Mode, Medien oder Industrie haben, sind immer Frauen dabei, die älter sind als ich, aber viel jünger aussehen. Obwohl ich nicht zu dieser Welt gehöre, frage ich mich, ob ich inzwischen die Einzige außer der Schauspielerin Jutta Speidel bin, die auf natürliche Weise altert.

Denn um es ganz klar zu sagen: Ich bin nicht uneitel und ich mache mir natürlich Gedanken über mein Äußeres, meine Kleidung vor allem, weil mir bewusst ist, dass sie beeinflusst, wie andere mich sehen. Ich sehe gerne gut aus. Meist, wenn ich in den Spiegel blicke, bin ich mit mir zufrieden. Ein guter Haarschnitt ist mir wichtig. Alle paar Monate gehe ich zu einer Behandlung zur Kosmetikerin. Ich benutze kein Make-up, aber eine teure Gesichtspflege inklusive Serum. In meinem Kosmetikschrank gibt es ungefähr zehn verschiedene Handcremes. Ja, ich habe einen Tick mit Handcremes.

Aber eine Schönheitsoperation? Da denke ich einfach: Das Leben ist endlich. Ich möchte meine Zeit nicht mit der Überlegung verbringen, wie ich es schaffe, ewig jung auszusehen. Denn das ist verlorene Liebesmüh. Dieses Ideal ist leider unerreichbar.

Da sind sich die Dermatologen einig: Alles steht und fällt mit einem guten Sonnenschutz. Cerstin hat ein Produkt gefunden, das sie auch auf ihrer Weltreise gut geschützt hat. Hier ist der Link zu ihrem Artikel: https://stylerebelles.com/allie-chrono-beauty-gel-uv-ex-spf-50-erfahrungen/

Mein Buch über „Unangepasst. Künstlerinnen und ihre Kleider“ über sieben Frauen, die mit ihrer Kunst und ihrer Garderobe Geschichte geschrieben haben, ist ab heute im Handel. Sie können bei Ihrem Buchhändler bestellen oder hier: https://www.amazon.de/Unangepasst-K%C3%BCnstlerinnen-ihre-Kleider-notes/dp/386915277X/ref=sr_1_1?crid=12UHYHAWNXQB0&keywords=ursel+braun+unangepasst&qid=1679418023&sprefix=%2Caps%2C72&sr=8-1

Foto: Cerstin Henning

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4 Kommentare

  1. Martina K.
    22/03/2023 / 17:02

    Liebe Ursel,
    was für ein tolles Foto von Ihnen!
    Wieder einmal bin ich völlig bei Ihnen. Diesen Optimierungswahn kann ich ebenfalls nicht nachvollziehen. Warum nicht einfach zu seinem Alter stehen? Was nutzt ein faltenfreies Gesicht ohne Mimik, an Hals, Dekolleté und Händen sieht man es doch. Aber natürlich jede wie sie mag!
    Mit guter Pflege, schicker Frisur und Kleidung, gesunder Ernährung und Bewegung sowie einer guten Portion Gelassenheit, nicht zu vergessen Ehemann und Freunden mit gleicher Einstellung – so möchte ich älter werden.
    Herzliche Grüße
    Martina

  2. Ursel
    Autor
    22/03/2023 / 17:17

    Ich freue mich sehr über Ihre freundliche Rückmeldung, liebe Martina. Vielen Dank.

  3. Susa Berg
    23/03/2023 / 14:22

    Liebe Ursel,
    zweimal Gratulation, zum einen zur Buchveröffentlichung und zum anderen natürlich für diesen wunderbaren Beitrag, der mir aus tiefster Seele spricht. Alle Aspekte Deiner Argumentation kann ich unterstützen.

    Es grüßt Frau Faltenreich (Susa) aus Köln

  4. Ursel
    Autor
    23/03/2023 / 18:07

    Dankeschön, liebe Susa.

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