Wo würden Sie gerne leben, ist doch immer die Frage. Genau hier, in einem dieser beiden Häuser. Was hundert Jahre alt ist, kommt um eine kleine Staubschicht nicht herum, doch dieses Bauhaus-Ikonen scheinen eine Ausnahme zu sein. Wie geradezu provozierend anders und streng die zwischen 1927 und 1931 entstandenen Häuser auf die Zeitgenossen gewirkt haben müssen! Wie modern, anmutig schön, erlesen und schlicht sie auch heute noch wirken! Es hat wohl niemand je zwei nebeneinander liegende Villen so elegant aufeinander abgestimmt wie der Architekt Mies van der Rohe. Er entwarf die zweigeschossigen, mit rotem Klinker eingekleideten Stahlrahmengebäude in Krefeld als Privathäuser für zwei Krefelder Textilfabrikanten, für Hermann Lange und Josef Esters.
Haus Lange und Haus Esters sind rechtzeitig zu Beginn des Bauhaus-Jubiläumsjahres 2019 und der nordrhein-westfälischen Ausstellungsreihe „100 Jahre Bauhaus im Westen“ in mehr als einjähriger Arbeit saniert worden. Hydraulisch versenkbare Panoramafenster im Haus Lange, Nussbaum- und Eichenparkett, Einbauten aus Ebenholz. Dazu eine große Küche mit einem Küppersbusch-Herd, separate Spülküche, ein Raum zum Anrichten der Speisen. Man lebte behaglich, ja mondän. Ein parkähnliches Grundstück, Auffahrt, Damenzimmer, Herrenzimmer, Spielzimmer für die Kinder, jedes Schlafzimmer mit einem eigenen Bad.
Haus Lange und Haus Esters also, zwei Architektur-Ikonen der Moderne in Krefeld. Bauhaus in Krefeld? Man kennt Weimar und Dessau als Bauhaus-Städte, auch Berlin und vielleicht noch Stuttgart mit seiner Weißenhofsiedlung. Dass Bauhaus überall funktionierte, zeigt nun Krefeld. Denn die Stadt am Niederrhein, einst die deutsche Metropole der Samt- und Seidenindustrie, hat mehr mit der berühmten Design-Schmiede der 20er Jahre zu tun, als die meisten wissen. Zwischen 1920 und 1960 zählte sie aufgrund der florierenden Textilindustrie zu den wohlhabendsten Städten Deutschlands. Kunstaffine Krefelder Industrielle lockten zwischen den Weltkriegen zahlreiche Bauhauskünstler in die Stadt und versahen sie mit lukrativen Aufträgen.
Christiane Lange ist die Enkelin des Seidenfabrikanten und Kunstsammlers Josef Lange. Die Kunsthistorikerin ist eine Frau, der man ohnehin gerne zuhört, ganz besonders aber dann, wenn sie über ihr Herzensprojekt spricht. Sie ist die Kuratorin des Projektes „Mies in Krefeld“, einem weiteren Grund, in diesen Tagen die Stadt am Niederrhein zu besuchen. Der Hauptbestandteil des Projekts ist eine begehbare architektonische Skulptur des Düsseldorfer Künstlers Thomas Schütte im Krefelder Kaiserpark. Der Pavillon ist eine temporäre Installation, die laut Christiane Lange aufgrund ihrer undogmatischen Idee gut zum Geist des Bauhauses passt. Das Gebäude steht auf einem Sockel, ist achteckig und hat ein geschwungenes, mit Kupfer beschichtetes, pagodenartiges Dach. Man betritt es über eine breite Treppe mit acht Stufen. Rund um den zentralen Raum gruppieren sich acht Ausstellungsbuchten, in denen bis zum 27. Oktober die intensive Beziehung zwischen dem Bauhaus und der Krefelder Textilindustrie durch Kurzfilme, Fotos und andere Exponate dokumentiert wird. Was mir besonders gut gefiel? Neben der informativen Ausstellung die Liegestühle im Park, die mit Stoffen mit Original-Bauhaus-Mustern bezogen sind.
Vom 24. bis 24. Mai 2019 nahm ich mit 12 Journalisten, Instagrammern, Architektur-, Kultur- und Reisebloggern an der Multiplikatorenreise #bauhauswow! teil. Wir besuchten auf unserer dreitägigen Tour Krefeld, Oberhausen, Essen, Hagen und Dortmund. Teinehmer der von „Tourismus NRW“ organisierten Reise waren: Jan Dimog vom Berliner Architekturblog The Link, Jan Paul Laarmann vom Kulturblog „Der kristische Claqueur„, Danny Giessner von Wahlheimat Ruhr, die Kölner Fotografin und Köchin Nicole Hundertmark, die in Osnabrück lebende niederländische Reisebloggerin Janna Kamphof, der Reiseblogger Frank Maier aus Lörrach, die deutsch-russische Journalistin Elena Newerdowski, die Kulturbloggerin Cordula Schulze , Fotograf Simon Erath und Texter Markus Kossak sowie die Instagrammerinnen Cordula Schulze und Shari Shahedali. Schauen Sie doch mal rein bei den Kollegen! Alles sehr lesens- und sehenswert.
Thomas Schütte Pavillon in Krefeld, bis zum 27.10.2019 im Kaiserpark. Wilhelmshofallee/Kaiserstraße, D-47800 Krefeld. Mi.–Fr. 15–21 Uhr, Sa., So. und Feiertage 12–20 Uhr. Kontakt für Fragen und Buchungen: info@projektmik.com
Haus Lange und Haus Esters Wilhelmshofallee 91–97, D-47800 Krefeld. Di., Do.–So. 11–17 Uhr, Mi. 15–21 Uhr. Ausstellung „Anders Wohnen / Alternatives for Living“ – Entwürfe für Haus Lange Haus Esters 17.3.2019–26.1.2020.
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