Wissen Sie noch, wie es war, als Sie jung und unschuldig durch Ihr Leben sausten? Immer ein wenig atemlos und mit der unvermeintlichen Zigarette zwischen Daumen und Zeigefinger. Für Häuslichkeit, einen Gang zum Wochenmarkt oder gar Kochen war damals keine Zeit. Mein Speiseplan bestand mehr oder weniger aus Currywurst mit Pommes Frites. Ich kann mich gut erinnern an den Tag, als ich begriff, dass mein Körper mehr ist als die Karosserie eines Autos, das man einmal im Jahr in die Inspektion bringt. Dass auch Geist und Seele davon abhängen, wie ich mit diesem Gesamtkunstwerk umgehe. Ab diesem Tag habe ich die Zigaretten aus meinem Leben verbannt (hart!), bin schmählich bei der Currywurst gescheitert, habe aber angefangen, dem Thema Ernährung viel Beachtung zu schenken. Ich kaufe Lebensmittel auf dem Markt und im Bioladen und koche saisonal. Jetzt können Sie sich vielleicht vorstellen, wie gespannt ich auf meinen Lokaltermin beim Ayurveda Lunch im Restaurant Caspar´s im Gräflichen Park Bad Driburg war.
Das Menu
Endlich mal wieder im Caspar´s! Sorgfältig eingedeckte Tische verströmen eine gediegene Atmosphäre im Inneren, die breite Fensterfront bietet einen Blick in den Park. Prompt begrüßt mich die freundliche Dame aus dem Service und erläutert mir das Konzept der Lunches. Den Auftakt bildet eine Tasse Agni-Tee, ein überraschend scharfes Getränk, das das Verdauungsfeuer im Magen anregen soll. Die nachfolgenden 3 Gänge werden – nach dem Motto „Eine warme Mahlzeit im Bauch ist wie eine dicke Decke für den Geist.“ – warm serviert, den dritten Gang begleitet ein warmer Kräutertee.
Eine ayurvedische Mahlzeit beginnt mit der Süßspeise, denn ihre Verdauung verbraucht am meisten Energie. Mir wird eine in feine Scheiben geschnittene Feige gebracht, die von einer Qualität ist, die man sonst nur südlich der Alpen bekommt. Hier aber wird der fruchtige Geschmack von einer ungewöhnlichen Begleitmannschaft von Gewürzen noch akzentuiert. Die Frucht ist auf einer schwarzen Lavasteinplatte angerichtet wie ein kleines Kunstwerk.
Als zweiter Gang wird eine Suppe serviert. Die Thomas Blümelsche Version einer Dhalsuppe enthält außer den Linsen fein geschnittene Möhren, kleine Scheibchen eines Mini-Maiskölbchens und frischen Koriander. Die sehr angenehme Schärfe der Suppe ist meisterhaft ausgewogen. Beim Hauptgang steht Sellerie im Mittelpunkt. So wie Blümel es serviert, macht es klar, dass die Knolle ein –zumindest von mir – unterschätztes Gemüse ist. Im Mittelpunkt des wirklich aufsehenerregenden Tellers befinden sich zwei kleine Blöcke Sellerie, in einer Brühe gekocht, mit fein gewürzten Scheiben Avocado und Blüten belegt und auf rotem Reis angerichtet. Dazu wird ein überaus cremiges, scharfes Selleriepüree gereicht. Garniert ist das Gericht mit Tröpfchen von zweierlei gewürztem Avocado-Mus.
Alle Erwartungen übertroffen
Nach so viel pflanzlicher Power möchte ich jedem, der daran zweifelt, dass sich Veganer glücklich essen können, empfehlen, einen Tisch im Caspar´s zu reservieren. Wenn ich bis zum Ende der Mahlzeit noch die vage Hoffnung hatte, vielleicht zu Hause die Gerichte selbst nachkochen zu können, lasse ich sie doch fahren, als Thomas Blümel an meinen Tisch kommt und mir die Prinzipien seiner Variante der Ayurvedaküche erklärt. Sie ist für ihn eine Herzensangelegenheit. Die Küche wird darin zu einer Art Apotheke, in der gesunde und heilende Nahrung mit dem Ziel angerichtet wird, auf Dauer zur einzigen Medizin des Menschen zu werden. Das erfordert ein umfangreiches Wissen über den Zusammenhang von Nahrungsmitteln und Gesundheit sowie Konsequenz bei der Auswahl qualitativ hochwertiger Zutaten. Herrn Blümel ist das auf höchstem Niveau gelungen. Einmal alles zum Mitnehmen, bitte!
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