1. Vielleicht mal das Wichtigste zuerst: just do it!
In all den Jahren, die ich nun schon (auch) alleine unterwegs bin, kann ich die doofen Dinge, die mir passiert sind, an einer Hand abzählen. Ein Taxifahrer in Buenos Aires, der mir Falschgeld als Wechselgeld zurück gegeben hat, ein „netter Guide“, der sagte, eine Sehenswürdigkeit in Bangkok sei geschlossen und der mir eine alternative Tour verkaufen wollte. Ein paar Idioten (überall auf der Welt), die mich mit schlechten Sprüchen angemacht haben. Das war es auch schon. Denn auch wenn es Zuhause auf der Couch einen anderen Eindruck macht: die Welt ist prinzipiell ein guter Ort und die meisten Menschen, auf die man beim alleine Reisen trifft, sind richtig nett, friedfertig und hilfsbereit.
Natürlich macht es Sinn, ein paar Safety First Regeln zu beachten. Das gilt aber für jede Reise, egal ob allein, zu zweit oder in der Gruppe: Geld und Papiere sicher verstauen, eine Notfallnummer auf dem Handy gespeichert haben, Kopien der wichtigsten Dokumente an einem anderen Ort verwahren, zwielichtige Ecken vermeiden und im Zweifelsfall immer dem Bauchgefühl vertrauen.
Doch in der Regel sind es nicht die Sicherheitsbedenken, die Frauen vom Alleinereisen abhalten, sondern andere Ängste. Die Angst vor der Einsamkeit, die Angst, mit sich selbst nichts anfangen zu können oder auch die Angst, von anderen doof oder sogar mitleidig angeschaut zu werden.
Gegen all das kann man etwas tun, erst recht in einer so wundervollen Stadt wie Paris. Deshalb:
2. Die eigene Haltung überdenken: Alleinsein ist nicht das Gleiche wie Einsamkeit
Alleinsein ist eine bewusste Entscheidung, ist Freiheit, ist eine Chance.
Deshalb würde ich zumindest Einsteigerinnen immer nur dann zu einer Soloreise raten, wenn sie nicht gerade frisch getrennt, traurig oder unglücklich mit dem eigenen Leben sind. Diese Gefühle vergehen nicht einfach, wenn man sich an einem anderen Ort befindet. Man nimmt sie mit und dann machen sie einem dort das Leben schwer.
Aber wer prinzipiell glücklich und zufrieden mit sich und seinem Leben ist, der kann das auch alleine an jedem anderen Ort der Welt sein. Das erste Mal alleine reisen braucht ein bisschen Mut, aber danach wird man es immer wieder wollen. Denn diese Freiheit macht süchtig. Jeden Tag ganz alleine entscheiden können, was man wann und wo essen möchte, ob man ins Museum geht oder einen ganzen Tag lang im Park sitzen möchten, den Vormittag mit einem Stapel Frauenzeitschriften im Bett verbringt, drei Stunden in einem Drogeriemarkt alle Shampooflaschen einzeln betrachtet oder einen fünf Stunden Shoppingbummel durch die Innenstadt machen möchte. Niemand, der oder die dazwischenfunkt, meckert, jammert, Hunger hat oder beim dritten Museum / Park / Café / Drogeriemarkt die Augen verdreht. Freiheit eben. (Braucht natürlich eine verständnisvolle Partnerin oder einen verständnisvollen Partner, die oder der ggf. die Kinder versorgt und weder mit Eifersuchtsattacken noch mit Vergehen vor Trennungsschmerz a la „ohne dich kann ich nicht leben“ droht. Wer die oder den nicht hat, sollte sich meiner Meinung nach sowieso besser trennen, die Trennung verarbeiten und wenn man dann wieder glücklich ist, befreit mit dem alleine Reisen anfangen. Aber das ist nur meine Meinung und Stoff für einen anderen Blogpost.)
3. Eine schöne Unterkunft ist mehr als die halbe Miete
Natürlich kann man auch mit über 50 noch in einer Jugendherberge wohnen. Aber dann muss es vielleicht nicht mehr der gemischte 10-er Schlafsaal sein. Viele Jugendherbergen bieten Einzel- oder Doppelzimmer und teilweise auch mit eigenem Bad an. Wer ein etwas größeres Budget hat, sucht sich ein Airbnb oder ein süßes Hotel. Wer ganz großes Glück hat, findet eine privat vermietete Wohnung in einem schönen Viertel in Paris. Je lieber Sie zurück in Ihr „Zuhause auf Zeit“ kommen, desto besser. Idealerweise zentral gelegen, so dass man viel zu Fuß erreichen kann, mit vielen Cafés und Restaurants in unmittelbarer Nähe und in einer Gegend, in der man auch abends noch gerne allein unterwegs sein mag. Hier lohnt sich wirklich eine umfangreiche Recherche im Vorfeld der Reiseplanung.
4. Wer es sich leisten kann, sollte es beim alleine Reisen krachen lassen.
Die meisten Frauen haben es nicht gelernt, sich selbst etwas zu gönnen. Sie drehen den letzten Euro dreimal um, damit die Blagen ein Tommy Hilfiger Sweatshirt tragen können, kaufen für sich selbst aber immer nur im Sale. Beim Pärchenabend gibt es wie selbstverständich drei Gänge mit Aperitiv und Weinbegleitung, aber allein reicht ja auch ein Stück Pizza auf die Hand. Richtig? Falsch! Solotrips sind zum Genießen da. Investieren Sie soviel das Taschengeld erlaubt in sich selbst. Wer sich immer alles verkneift, sieht verkniffen aus. Oder um es mit Eckhart von Hirschhausen zu sagen: Wer nicht genießt, wird ungenießbar. Champagner, Macarons, Shopping in den schönsten Kaufhäusern der Welt? Wo geht das besser als in Paris? Also, her mit dem schönen Leben. Mit über 50 haben Sie das nun wirklich mehr als verdient!
5. Lunch ist das Dinner der Alleinreisenden in Paris
Abends alleine essen gehen ist prinzipiell natürlich auch schön, aber in Paris selbst für Profis meiner Meinung nach eine Herausforderung. Überall verliebte Pärchen, die sich tief in die Augen schauen, und manchmal auch eifersüchtig oder neidisch in die eigene Richtung. Wer das vermeiden, aber trotzdem schick essen gehen möchte, macht das – zumindest in der Woche – günstig und entspannt zum Lunch. In Paris wimmelt es nur so von tollen (auch Sterne-)Restaurants, die ein 2- oder 3-Gänge Menü mit unschlagbarem Preis-Leistungs-Verhältnis anbieten.
Les Foodies und das Bistrot Instinct im Marais, das Café Germain oder das Le Reminet im Quartier Latin sind hervorragende Ort, an denen (auch) allein reisende Frauen mit tollem Essen und zuvorkommendem, aber unaufdringlichem Service verwöhnt werden. Die Kellnerinnen und Kellner sind oft ein bisschen entspannter und haben Zeit für den Empfehlungen. Wer trotzdem unsicher ist, nimmt sich einen Stapel Zeitschriften oder ein Tablet mit und tut so, als wäre sie Bloggerin auf Recherchetour oder gerade nur mal kurz zwischen zwei wahnsinnig wichtigen Business Meetings zum Lunch gehüpft. Muss ja keiner wissen, dass Sie gerade nur ihrer besten Freundin Fotos von der wahnsinnig leckeren Vorspeise geschickt haben. Fortgeschrittene beobachten die Leute um sich herum und freuen sich des Lebens. Und ich verspreche Ihnen: niemand, wirklich niemand wird Sie doof oder gar mitleidig anschauen. Au contraire!
Absolute Lunchempfehlungen:
https://lesfoodies.paris/
https://instinct-paris.com/
6. Interaktionen mit anderen Menschen einplanen
Auf Reisen gibt es jede Menge Möglichkeiten, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten. Wer mag, bucht eine Gruppenführung zu einem Thema, das einen interessiert, zum Beispiel eine Street Art in Paris über Airbnb Events oder eine Freizeitaktivität, wie Croissants backen über With locals. Da sind immer auch andere Menschen dabei, mit denen man ganz natürlich und unverbindlich ins Gespräch kommen und – wenn es passt und sich ergibt – vielleicht auch noch für einen weiteren Kaffee verabreden kann. Mein persönliches Highlight bei meinem letzten Aufenthalt war das Fotoshooting mit Natalie, die ebenfalls reisebegeisterte Solotravellerin ist und mit mir eine Stunde lang durch das Montmartre Viertel gezogen ist, um schön Fotos von mir zu machen. Kaffee und ein nettes Gespräch am Ende inklusive. Wenn Sie mehr darüber lesen und sehen möchten, hier entlang: Die 5 schönsten Fotolocations im Montmartre-Viertel in Paris
7. Erzählen Sie Ihre eigene Geschichte
Sie wollten schon immer mal ein Buch schreiben? Modebloggerin sein? Auf den Spuren von Victor Hugo durch Paris wandern? Sie interessieren Sie für Essen, Kunst, Fotografie, Mode, Garten- und Landschaftsbau oder Klöppeln hinter Glas? Sie lieben es, Menschen, Vögel oder Sonnenaufgänge zu beobachten? Jetzt ist die Zeit dafür. Dafür brauchen Sie keine einjährige Auszeit mit Eat-pray-love happy ending auf Bali.
Erzählen Sie Ihr Leben bis zu diesem Aufenthalt in Paris wahrheitsgetreu, aber dabei so, wie es ein Hollywooddrehbuchautor schreiben würde. Zum Beispiel mit einem Happy End als alleinreisende, glückliche Klöppeln-hinter-Glas-Erforscherin in Paris.
Danke!! Genau der Artikel, den ich (Frau Ü 50) gesucht habe um in meinem Plan alleine nach Paris zu reisen, bestätigt zu werden!!
Autor
Liebe Kirsten,
was für ein wunderschönes Feedback, ich habe mich wirklich riesig darüber gefreut!
Von Herzen gute Reise!
Cerstin
Danke für diesen Bericht, durch einen Jobwechsel hab ich grade viel Zeit und möchte die gern nutzen, somit der Gedanke, ein paar Tage Paris, allein als Frau (45) ich hoffe den Mut zu erbringen und das Abenteuer wagen