Neulich hatte ich Inventur. Ich inventarisierte meine Sommergarderobe. Vier Kleider wurden aussortiert, übrig blieben elf. Verglichen mit allen anderen Frauen, die ich kenne, sind das nicht mal viele. In meiner Regionalzeitung las ich, dass jeder Deutsche durchschnittlich zwölf Kilo Kleidung pro Jahr kauft. 90 Prozent davon kommen aus dem nicht-europäischen Ausland. Ich frage mich: Kaufen wir eigentlich zu viel ein? Warum kaufen wir, was wir kaufen? Wieso kaufen wir alle das gleiche? Sind wir eigentlich alle gekauft?
Meine ausgemusterten Teile brachte ich wie immer in die Bielefelder Brockensammlung, in der ich mich bei dieser Gelegenheit auch gleich mal umsah. So ein schrecklicher Name für diese gigantische Fundgrube und einen der interessantesten Läden der Stadt! Hier wird Second Hand-Kleidung kostenlos oder zu reduzierten Preisen an Bedürftige abgegeben, aber auch ganz normal an interessierte Kunden weiter verkauft.
Kleider, die man nicht mehr tragen will, in neue Hände zu geben, und im Gegenzug mit Neuzugängen zu füllen, könnte tatsächlich so etwas wie ein Allheilmittel sein gegen unseren Konsumwahn. Zum einen ist es umwelt- und ressourcenschonend. Für eine Second Hand gekaufte Jeans muss schließlich keine neue Baumwolle geerntet, kein Wasser beim Einfärben verschmutzt, kein Kind in einer Fabrik in Bangladesch an die Nähmaschine gezwungen werden. Zum anderen fällt man mit einem Issey Miyake Mantel aus der Wintersaison2007, den man im Jahr 2017 im Second Hand-Geschäft seines Vertrauens zufällig gefunden hat, viel mehr aus dem Rahmen und beweist, was für ein Trüffelschweinchen in puncto Mode man doch ist.
Und dann wäre da noch der Preis, denn Second Hand-Mode kostet nun mal locker mindestens 50 Prozent weniger als alles, was man in den laufenden Kollektionen in den Stores findet.
Natürlich ist es nicht jedermanns Sache, Kleidungsstücke zu tragen, die schon einmal eine andere Person getragen hat und die vielleicht noch Gebrauchs- oder Duftspuren der ersten Besitzerin aufweist. Wer damit ein Problem hat, dem kann ich einen Besuch in der Bielefelder Brockensammlung erst recht empfehlen. Dort gibt es eine große Abteilung, in der die ungetragenen Restposten heimischer Firmen, die gespendet wurden, zu Preisen verkauft werden, für die man sein Konto wirklich nicht plündern muss.
Möchten Sie wissen, was ich dort fand? Ein grünes Kleid mit Blumenprint, das locker als Gucci Sommer 2019 durchgehen könnte, aber no name ist und 29.90 Euro gekostet hat. Dazu passend zum hundertsten Geburtstag des Bauhauses Oscar Schlemmer Sandalen, 34.90 Euro. (Foto poste ich später.)
Was ich hängen ließ: Fake Gucci Sommer 2019 Hose (19.90) plus Oberteil (9.90) und den Ascot-Hut. Ich weiß, es wird der Tag kommen, an dem ich das bitter bereue.
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