Fastenzeit – was heißt das eigentlich?
Unmittelbar nach Karneval, genau gesagt am Aschermittwoch beginnt für viele Katholiken die 40-tägige Fastenzeit, eine Zeit der Buße und der Besinnung. Die Fastenzeit endet offiziell an Gründonnerstag und genau genommen sind es damit mehr als 40 Tage. Seit dem 5. Jahrhundert sind die Sonntage allerdings als sogenannte „kleine Auferstehungstage“ vom Fasten ausgenommen. Damit man dann auf die 40 Tage kommt, werden der Karfreitag sowie der Karsamstag hinzugezählt.
In dieser Zeit gilt das Fastengebot – der Verzicht auf das, was einem besonders lieb ist wie Alkohol, Autofahren oder eben auch Konsum wie beim Kleiderfasten, und die Beschränkung auf nur eine volle Mahlzeit und zwei kleinere Stärkungen am Tag. An Freitagen und an Aschermittwoch gilt zusätzlich (im Gedenken an das Kreuzesopfer) das Abstinenzgebot, der Verzicht auf Fleisch, weil der Freitag an den Tod Jesu Christi erinnert.
Durch Fasten, Abstinenz und Verzicht sollen der Kopf und das Herz frei werden für eine Neuausrichtung auf Gott, für andere Menschen und neue (religiöse) Erfahrungen.
Ich finde, das folgende Video erklärt es ganz gut:
Kleiderfasten – meine Fastenzeit in diesem Jahr
Seit vielen Jahren faste ich in der Osterzeit, indem ich auf eine Angewohnheit verzichte, die mir lieb, vielleicht zu lieb geworden ist. Etwas, von dem ich erkennen möchte, dass ich eben doch ganz gut ohne leben kann. Es ist meine Zeit, mich darauf zu besinnen, was mir wirklich wichtig ist, und auch darauf, wie viele Menschen etwas, das ich selbstverständlich finde, eben gerade nicht haben. Im Grunde das Gegenteil von „ichkannnichtmehrlebenohne„, wenn man so will.
In diesem Jahr habe ich mich – unter anderem angeregt von der Fast Fashion Ausstellung im Rautenstrauch-Jost Museum – für den Verzicht auf Kleider-Shopping entschieden. Nicht kompletter Konsumverzicht, aber für meine Verhältnisse schon ziemlich nah dran. Weder Kleidung noch Accessoires wurden eingeshoppt, Ausnahmen auch an Sonntag habe ich mir nicht erlaubt.
Wieso Kleiderfasten?
Auch wenn viele Menschen in meinem nahen Umfeld vermutlich das Gegenteil behaupten würde, ich kaufe eher selten Kleidung und dann meist hochwertige und manchmal oft entsprechend teure Stücke. Gerne im Outlet oder im Sale, manchmal bei TK Maxx, manchmal auch online, manchmal auch Second Hand, in meinen Lieblingsshops oder auch bei Ebay. Und natürlich besonders gerne auf Reisen.
Ich liebe es, samstags durch die Stadt zu bummeln, die neuesten Kollektionen zu sichten, die Stylings in Schaufenstern und Geschäften zu sichten. Ich kann Stunden damit verbringen, etwas online zu suchen, wenn es im Einzelhandel in meiner Größe oder der gewünschten Farbe nicht verfügbar ist. Da ich viele Modezeitschriften und Modeblogs lese, sind da auch immer wieder Designer oder Labels dabei, die es so hier nicht zu kaufen gibt und die ich versuche, online aufzustöbern.
Und ja, wenn ich dann auf das perfekte Kleidungsstück treffe, dann schlage ich auch sehr gerne zu.
In letzter Zeit hatte ich das Gefühl, es ging aber ein bisschen zu schnell mit dem Zuschlagen und ich merkte, dass ich immer auch mal wieder den Blog vorschob… „das wäre auch ein super Outfitpost für Instagram“ ging mir dann durch den Kopf und zack, war das Kleidchen schon in der Tüte. Oder ich habe mich damit selbst motiviert, so nach dem Motto „wenn ich jetzt das neue Laufshirt kaufe, gehe ich am Wochenende auf jeden Fall damit laufen“.
Ich bin zum Glück kein Frustkäufer (da tut es bei mir eher eine Tafel Schokolade) und ich kaufe auch immer nur Kleidungsstücke, von denen ich hunderprozentig überzeugt bin, wenn es „wirklich Freude schenkt“, um es mit Marie Kondo zu sagen. Und gerade deshalb habe dann doch schon noch etwas länger überlegt, ob ich das wirklich machen möchte. Aber irgendwann stand der Entschluss.
War es schwer?
Nein, ehrlich gesagt, nicht wirklich. Ich habe mich weder zu Hause verschanzt noch die einschlägigen Onlineshops gemieden. „Normal“ einkaufen, im Supermarkt, bei DM, Bürobedarf, etc. musste ich ja eh. Auch eine externe Festplatte war in der Zeit nötig und Geburtstagsgeschenke ebenso. Und auch einen ganzen ausgiebigen Shoppingsamstag mit meiner Freundin Dagmar, inklusive Belgischem Viertel und magischem Kölner Einkaufsquadrat (Mittelstraße, Apostelnstraße, Ehrenstraße und alle Seitenstraßen), habe ich genießen können. Was sicherlich daran liegt, dass mein Kleiderschrank mehr als genug wundervolle Kleidungsstücke beherbergt.
Aber es gab auch ein paar sehr verführerische Situationen, die echte Willensstärke gekostet haben:
- als der Mott50 Badeanzug, den ich bei amazon.com beobachte, in meiner Größe 50 Euro unter dem UVP angeboten wurde, hätte ich ihn fast bestellt und mich damit gerechtfertigt, dass er eh erst nach Ostern angekommen wäre, aber ja, das wäre geschummelt gewesen, also nein, ich habe ihn nicht gekauft. Er kostet jetzt wieder den normalen Preis.
- als mich mein Ebay Beobachtungsagent auf eine Issey Miyake Jacke in meiner Größe zu einem unschlagbar günstigen Preis aufmerksam machte, war es am schwersten. Auch hier habe ich versucht zu schummeln und dem Mann meiner Wahl gesteckt, was für ein hervorragendes Geburtstagsgeschenk das wäre. Leider ohne Erfolg. Einen Tag später war sie selbstverständlich schon weg.
- als ich mich auf den ersten Blick in einen Tüllrock bei Boutique Belgique verliebte. Dieses Mal war es nicht ganz so schwer, weil meine Freundin ihn eh doof fand. Was mich aber unter normalen Umständen nicht davon abgehalten hätte.
Der Armed Angels Lagerverkauf (Kleidung zum Glück nur in Mustergröße S) lockte mit ein paar tollen Teilen, die vielleicht gepasst hätten. Auch die Wiedereröffnung des COS Stores inklusive Mid-Season-Sale war nicht so ganz ohne. Und die Sommerkleider im MaxMara Schaufenster wurden in alter IKNMLO Tradition nur fotografiert statt anprobiert. Auch die Wolford-Strumpfhose bei TK Maxx wäre schon sehr gerne in meine Einkaufstasche geflattert. Aber ich bin standhaft geblieben und war dann auch ein bisschen stolz auf mich.
Was hat es gebracht?
Zunächst mal die Erkenntnis, wie vielen Shopping-Verführungen ich im täglichen Leben ausgesetzt bin. Sei der COS Newsletter, der Ebay Beobachtungsagent, die Anzeige der Preisänderungen der Waren im Amazon Einkaufswagen. Sehr viele Informationen, denen ich mich tagtäglich (selbstverständlich freiwillig) aussetze, haben etwas damit zu tun, mich auf Einkaufsmöglichkeiten und -gelegenheiten aufmerksam zu machen.
Als Konsequenz habe ich mich von verschiedenen Newslettern abgemeldet.
Die Tatsache, dass ich ohne all die Dinge, die ich in der Zeit gesehen habe und vielleicht auch gekauft hätte, sehr gut leben kann, ist für mich nicht wirklich überraschend. (Mit Ausnahme vielleicht der Issey Miyake Jacke, die tut mir immer noch ein bisschen weh.) Wenn wir mal ehrlich sind: was braucht man schon wirklich? Es ist ja nicht wie bei Kindern, die eine Saison später schon aus allem wieder rausgewachsen sind, oder wie früher, als man immer nur ein Kleidungsstück von jeder Art hatte, das dann aber auch halten musste, bis man sich den Nachfolger leisten konnte.
Trotzdem war es gut und spannend, das noch einmal wirklich zu spüren, wirklich zu erkennen. Und auch die bewusste Auseinandersetzung mit meinem eigenen Shoppingverhalten, meinen persönlichen Versuchungen fand ich sehr erhellend.
Es war – zumindest was diesen Aspekt des Fastens angeht – für mich schon eine echte Zeit der Besinnung.
Und wie geht es jetzt weiter?
Selbstverständlich hat diese Zeit des Kleiderfastens meiner Liebe zur Mode, zu tollen Kleidungsstücken und guten Outfits keinen Abbruch getan. Im Gegenteil, ich schätze die besonderen Dinge, die ich in meinem Kleiderschrank schon habe, noch ein wenig mehr. Aber ich freue mich aber genau so auf viele weitere, die ich in den nächsten Wochen und Monaten erwerben werde.
Aber ich habe in der Zeit auch viel über das Thema Nachhaltigkeit in der Mode – natürlich auch in meiner eigenen Mode – nachgedacht. Auch darüber, wie ich es vielleicht ein wenig stärker in den Blog einfließen lassen kann.
Bei Instagram hat es oft den Anschein, als hätten wir iknmlo Bloggerinnen jede Woche neue Klamotten, die wir der Welt präsentieren. Aber natürlich stimmt das nicht. Viele unserer Looks sind einfach nur neu kombiniert oder anders inszeniert. Ich habe mir vorgenommen, das ein bisschen deutlicher zu machen.
Viele meiner Kleidungsstücke sind Schätze, die ich seit vielen Jahren hege und pflege. Auch Dank eines hervorragenden Änderungsschneiders in Recklinghausen, den meine Mutter entdeckt hat (ganz bald mehr darüber). Auch das würde ich im Blog gerne ein bisschen mehr in den Vordergrund heben.
Sie können also gespannt sein!
Und Sie? Haben Sie dieses Jahr auch in der Fastenzeit bewusst auf etwas verzichtet? Über Rückmeldungen würde ich mich sehr freuen!