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Außergewöhnliche Häuser: Mabery Road 165 in Santa Monica

Mabery Road 165 in Santa Monica. In dem schönen Holzhaus mit Blick auf den Pazifik feierte Heinrich Mann 1941 seinen 70. Geburtstag, Tarzandarsteller Johnny Weißmüller und Komponist Arnold Schönberg spielten im Garten Tischtennis. Gott und die Welt versammelte sich um die Hausherrin Salka Viertel. Sie arbeitete als Schauspielerin und Drehbuchautorin, sie sprach acht Sprachen fließend. Doch das war bei allem Respekt wohl doch nicht ihre Hauptbegabung. Die lag in etwas, was sich gerade in den Jahren des Exils als weit wichtiger erweisen sollte.

Wie es damals an einem beliebigen Sonntag im Haus Viertel zuging, beschrieb der Regisseur Robert Parrish später in der „L.A. Times“ so: „Eines Tages kam ich durch die Hintertür rein, und in der Küche stand so ein Typ mit kurzen Haaren am Herd und kochte. Im Wohnzimmer spielte Arthur Rubinstein am Klavier, während die Garbo auf dem Sofa lag und Christopher Isherwood in einem Ohrensessel rumhing. Ich fragte sie, wer der Typ in der Küche sei. ,Bertolt Brecht‘, lautete die Antwort.“ Salka Viertels Haus in der Mabery Road war einer der Treffpunkte der Flüchtlinge aus Deutschland und Österreich geworden, von denen sich zwischen 1933 und 1941 10.ooo im Großraum Los Angeles niederließen.

Die Hilfe der Gastgeberin für die von den Nazis Vertriebenen beschränkte sich aber nicht darauf, jahrelang ihr Haus für sie zu öffnen, sie mit Witz, Gulasch und Schokoladekuchen zu versorgen und teils sogar darin unterzubringen, bis sie im fremden Land auf die Beine kamen. Als Mitbegründerin des European Film Fund, einer Art Solidaritätsabgabe, in dem Angestellte der Filmstudios einen Teil ihres Gehalts für rechtliche und praktische Flüchtlingshilfe hergaben, spielte Salka Viertel eine maßgebliche Rolle in der Rettung von Schriftstellern wie Alfred Döblin, Alfred Polgar, Friedrich Torberg und Künstlern wie Leonhard Frank und Walter Mehring. Bis 1945 setzte sie sich zudem regelmäßig bei ihren Hollywood-Freunden dafür ein, den Exilanten Arbeit zu geben.

Salka Viertel wurde 1889 als Salomea Sara Steuermann in Sombor geboren, im östlichsten Zipfel der k.u.k. Monarchie, der heute zur Ukraine gehört. Sie entstammte einer großbürgerlichen jüdischen Familie und wuchs mit drei Geschwistern auf, darunter der später weltbekannte Pianist Eduard Steuermann. Schon früh setzte sich das willensstarke Kind gegen Gouvernanten und Hauslehrer durch, erkannte ihr künstlerisches Talent und ließ sich gegen den Widerstand der Eltern in dem damals unrespektablen Beruf einer Schauspielerin ausbilden.

1918 heiratete sie den Autor und Regisseur Berthold Viertel, mit dem sie drei Söhne bekam. Sie vereinte Ehe, Mutterschaft und ihren Beruf und machte an Theatern in Berlin, Zürich und Hamburg Karriere, während ihr Mann mit Söhnen und Gouvernante in Wien lebte. 1929 zogen die Viertels in die USA. Auf Empfehlung von Friedrich Wilhelm Murnau, der zu diesem Zeitpunkt bereits in Hollywood etabliert war, hatte Berthold Viertel einen lukrativen Vertrag als Drehbuchautor bekommen. Weil sich die politische Lage in Deutschland wie in Österreich zunehmend verschärfte, entschloss sie sich 1932, das Haus an der Mabery Road zu kaufen und in Kalifornien zu bleiben.

In Hollywood freundete sie sich mit Greta Garbo, der gebürtigen Schwedin, die schon zu Stummfilmzeiten zum Superstar geworden war, an und schrieb für sie fünf Drehbücher. „Königin Christine“, „Anna Karenina“ und  „Die Frau mit den zwei Gesichtern“ (1941) machten Salka Viertel zeitweise zu einer der höchstbezahlten Skriptautoren Hollywoods.

Viele Exilanten kehrten nach Kriegsende in ihre Heimatländer zurück. Die USA taten sich in dieser Zeit schwer mit linken Künstlern und Intellektuellen. Viele von denen, die dablieben, fanden sich Ende der Vierziger, als in den USA die große Kommunistenhatz einsetzte, vor dem berüchtigten „House Un-American Activities Comittee“ unter dem Vorsitz des Senators Joseph McCarthy wieder – auch Salka Viertel selbst. Sie bekam in Hollywood keine Arbeit mehr. Als ihr das Geld ausging – ihr Mann Berthold hatte sich 1947 scheiden lassen und war nach Europa zurückgekehrt -, begann sie das Haus an der Mabery Road im Jahr 1953 zunächst zu vermieten, bis sie es schließlich wenig später verkaufte.

1953 kehrt Salka Viertel nach Europa zurück, allerdings mied sie Deutschland und Österreich. Sie beschloss ihr langes Leben mit fast 90 Jahren 1978 in der Schweiz, wo sie in Klosters mit einem ihrer Söhne, dem Drehbuchautor Peter Viertel und seiner britischen Frau, der Schauspielerin Deborah Kerr, lebte.

 

In ihren Memoiren blickt Salka Viertel auf ein wagemutiges und emanzipiertes Leben inmitten der Künstler, selbstgefälligen Studiobosse und Geistesgrößen ihrer Zeit zurück. Das Buch wurde 2012 unter dem Titel „Das unbelehrbare Herz“ veröffentlicht.>

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