Diese Biographie handelt von der mächtigsten Frau ihrer Zeit, der österreichischen Kaiserin Maria Theresia. Sie lebte von 1717-1780, hatte 16 Kinder, ein mächtiges Reich, über das sie 40 Jahre lang herrschte – und bekam den Spagat hin, ihrem geliebten Franz I. Stephan eine untergebene Ehefrau zu sein, wie sich das damals gehörte, und im Beruf ihren Mann zu stehen und zwar über allen anderen Männern. Sie war „Frau Kaiser“, „Erzherzog“ und ließ sie sich zum König von Ungarn krönen (nicht: zur Königin) – es gab noch keine weiblichen Sprachformen für den Herrschertitel. Und sie ritt, absolut unüblich, im Herrensitz.
Nach und nach lernt man sie immer besser kennen, weiß, wie ungern sie sich frisieren ließ und wie sie am frischen Werk ihrer Zofe so lange herumzupfte, bis alles wieder zerstört war und sie ihrem nächsten Termin missmutig fernblieb. Sie führte die Regierungsgeschicke selbst, arbeitete unermüdlich und ließ sich bis spät in der Nacht alles vorlegen: Gerichtsurteile, Vorträge, Depeschen, Briefe – und Berichte über die Entwicklung ihrer 16 Kinder. Kontrolle wurde großgeschrieben, denn sie traute ihren erwachsenen Kindern an den verschiedenen europäischen Höfen nicht sonderlich viel zu, schon gar nicht das Herrschen. Sie kritisierte sie erbarmungslos und schickte ihnen aus der Ferne ständig schriftliche Instruktionen. Sie versuchte, sie zu kontrollieren, gegeneinander auszuspielen und stellte ihnen ohne ihr Wissen Aufpasser zur Seite, die ständig nach Hause berichten mussten, ohne dass die Kinder das erfahren durften.
Man erfährt vom traurigen Liebesleben ihrer Tochter Maria Antonia (Marie Antoinette), die mit 15 Jahren an den französischen Hof verheiratet wurde, wo ihr Mann dann sieben Jahre lang die Ehe nicht vollzog. Besorgt wachte die Mutter von Wien aus postalisch über das Einsetzen ihrer Tochter, auch das war Staatspolitik. Der familieninterne Code für das monatliche Ereignis lautete übrigens „Der Besuch der Generalin Krottendorf“.
Die Autorin, die Historikerin Barbara Stollberg-Rilinger schreibt sehr spritzig und elegant. Sie weicht keinem interessanten Thema am Rande aus. Ob das das Auftreten einiger Fälle von Vampirismus in Mähren, Schlesien und Ungarn ist oder dem Antrittsbesuch von Mustafa Hatti Efendi, dem Gesandten des Sultans, am Wiener Hof. Damals eine heikle Sache, denn für die Begegnung mit einem weiblichen Herrscher gab es kein Zeremoniell. Der Gesandte hatte den kaiserlichen Rocksaum zu küssen. Maria Theresia, just damals mit ihrem zehnten Kind schwanger, fand einen Ausweg und bot dem Gesandten den Saum ihres „Appartement Mänterls“ mit der Hand dar. Mustafa Hatti Efendi vollzog den ehrerbietigen Kuss.
Ein vergnügliches Buch!
Barbara Stollberg-Rilinger: Maria Theresia. Die Kaiserin in ihrer Zeit. Eine Biographie. Verlag C.H. Beck, München 2017, 1083 Seiten, 34 Euro.
Sehr anregend von dir vorgestellt, liebe Ursel !
Barbara Rilinger haben wir vor urlangen Zeiten im
Tennisclub Amshausen kennengelernt. Schon damals hat sie eifrig geforscht und auch wunderbar gekocht.
Autor
Schreiben, Kochen, Tennis spielen, das klingt sehr sympathisch.