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Wenn man Sneakers eigentlich hasst, sie aber trotzdem trägt

Von meinem Mann habe ich gelernt, den Leuten auf die Schuhe zu gucken. Er trägt immer gute Schuhe. Ich habe oft beobachtet, wie seine guten Schuhe uns Türen öffneten, die eigentlich verschlossen waren. Zum Beispiel die von Restaurants, die ausgebucht waren und in denen wir doch noch einen Platz bekamen, nachdem die Empfangspersonen ihm auf die Schuhe geblickt hatten.

Mein Mann trägt immer Schuhe, die aus Leder gefertigt wurden. Ein Leben in Sneakers könnte er sich nicht vorstellen.

Was Sneakers sind, wissen heute selbst Großmütter. In Städten wie New York und Berlin tragen sie sie mit verdecktem Absatz zum Pelzmantel und sterben auch in ihnen. Es gibt Menschen, die ihr Leben ausschließlich in Sneakers führen, sodass man sich fragt, was sie wohl auf Dauer mit ihren Füßen anstellen. Dem Geruch der Füße wird das grellbunte Plastikzeug kaum förderlich sein.

Alle außer meinem Mann tragen Sneakers, aber was sagen sie damit? Sneakers signalisieren, dass ihre Trägerinnen und Träger, gut sichtbar an den Füssen und nicht zuletzt im Herzen, jung geblieben sind. Dass sie zu allen Tageszeiten und in allen Lebenslagen cool und entspannt bleiben. Dass sie die Freizeit an den Füssen tragen, auch wenn sie bei der Arbeit sind. Der Feierabend ist dann immer nur einen Schritt entfernt.

Anders in meiner Kindheit. Turnschuhe brauchte man zum Turnen. Und nach dem Turnen verschwanden sie im Turnbeutel. Denn für alle anderen Zwecke gab’s wiederum andere passende Schuhe: Sandalen für den Sommer, Lackschuhe für sonntags und gefütterte Stiefel für den Winter, dann Wanderschuhe oder solche zum Skifahren. So einfach war das einmal. Und niemand wäre auf den Gedanken gekommen, diese Ordnung auf den Kopf zu stellen. Sollte man etwa mit Skischuhen an den Strand?

Wenn Sneakers heute sprechen könnten, würden sie eine Erfolgsgeschichte erzählen. Verglichen mit dem Turnschuh-Boom nehmen sich die durch die Kryptowährung Bitcoin erzielten Gewinne fast schon armselig aus. Gemäß einer Prognose der auf den Sneakers-Wiederverkauf spezialisierten Online-Plattform StockX wird allein der globale Resale-Umsatz im Jahr 2030 voraussichtlich 30 Milliarden US-Dollar betragen.

Sotheby’s und Christie’s vermelden Rekordergebnisse mit der Versteigerung von Sneakern, die all jenen, die noch in alte Meister oder moderne Kunst investieren, den Atem stocken lassen. Der Prototyp des Labels „Yeezy“ des Rappers Kanye West brachte in diesem Sommer bei Sotheby’s 1,8 Millionen Dollar ein, rund das Dreifache der bisherigen Rekordmarke, gehalten von signierten „Nike Air Jordans 1“ bei Christie’s.

P.S. Auch ich habe ein Paar Sneakers. Ich brauche sie für Reisen. Da sorgen sie automatisch für gute Stimmung, denn man kann damit ganz hervorragend einen Sprint zur UBahn einlegen und dabei einen praktischen Rucksack transportieren. Das soll jetzt aber keine Lobeshymne auf Sneakers sein. Nur für den Fall, dass Christie´s und Sotheby´s hier mitlesen: Meine Sneakers sind nicht zu ersteigen. Es sei denn, die Summe wäre sechsstellig. Na gut, bei fünfstellig würde ich auch überlegen. – Und nein, ich habe meine Haare nicht färben lassen. Ich hatte nur kein aktuelles Foto.

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