Eigentlich wäre diese Woche die letzte Chance, die Ausstellung PETER LINDBERGH: UNTOLD STORIES im Kunstpalast in Düsseldorf zu sehen.
Jetzt wurde sie verlängert.
Lindbergh selbst hatte die Idee zu dieser Ausstellung und arbeitete zwei Jahre an ihrer Umsetzung.
Er starb letztes Jahr im September kurz vor der Eröffnung im Alter von 76 Jahren. Viele der 140 Werke – aus den frühen 1980er-Jahren bis heute – sind direkt auf den Wänden der Ausstellungsräume angebracht. Jeweils zwei oder drei übereinander, 10 Meter hoch. Fast alle sind schwarz-weiß. Ohne Rahmen und Glas davor wirken sie unmittelbarer als übliche Fotografien in Fotoausstellungen, eindringlich, manchmal auch ein bisschen roh.
Jedes einzelne offenbart den ganz eigenen Stil von Lindbergh, der 1944 als Peter Brodbeck in Polen geboren wurde und dann in Duisburg aufwuchs.
Nach der Volksschule machte er eine Lehre als Schaufensterdekorateur bei Karstadt in Duisburg und ging 1962 nach Berlin an die Kunstakademie und danach an die Werkkunstschule in Krefeld. Ab 1971 spezialisierte er sich auf die Fotografie, nannte sich – nach dem Atlantiküberquerer Charles – Lindbergh und begann seine internationale Karriere als Modefotograf.
Die japanische Designerin Rei Kawakubo („Comme des Garçons“) gab ihm 1980 freie Hand für ein Fotoshooting ihrer Kollektion. Lindbergh inszenierte sie in einer Fabrik. Geprägt von Erinnerungen seiner Kindheit im Ruhrgebiet der Nachkriegszeit. „Deshalb nahm ich die Bilder für die Kampagne in Fabriken auf, wie ich sie im Gedächtnis hatte.“ 1986 wurden diese Aufnahmen in einer Einzelausstellung im Centre Pompidou gezeigt.
Wenn gleich viele seiner Aufnahmen von Zeitschriften wie Vogue, Harper’s Bazaar, Interview, Rolling Stone, W Magazine oder dem Wall Street Journal in Auftrag gegeben und als Modefotografien veröffentlicht wurden, steht die Mode nie im Zentrum seiner Werke, sondern immer die Person, die sie trägt.
Lindberghs Fotosgrafien wirken ungestellt, direkt, offen und echt, ohne viel Schickimicki.
Viel herber Charme und Industriekultur. Irgendwie alles Ruhrgebietsklischees, ist mir schon klar, aber das passt schon auch. In Untold Stories wird das sehr deutlich und damit eben auch seine besondere Haltung zur Modefotografie. Egal wie viel oder wenig die Models auf seinen Bildern an haben, egal ob sie blutjung oder von den Jahren gezeichnet sind, niemals wirken sie billig, ausgeliefert oder niedlich. Im Gegenteil, in der Modewelt, in der es mehr oft mehr um den schönen Schein als um das Sein geht, in der Glitzy glamour und Oberflächlichkeit dominieren, schaut Lindbergh tief in die Seele seiner Modelle. Die Aufnahmen zeigen ihre Stärke, ihre Schönheit, ihre Tiefe. Sie sind nicht glatt.
„Wenn man so spät (mit dem Fotografieren) anfängt“, sagte er einmal, „ist man charakterlich vielleicht schon so weit gefestigt, dass man seine Vorstellungen nicht mehr so schnell über den Haufen wirft.“
Seinen Vorstellungen ist Lindbergh im Laufe seiner mehr als 30 jährigen Schaffenszeit immer treu geblieben, das zeigt UNTOLD STORIES auf sehr eindrucksvolle Weise.
Denn sie ziehen sich wie ein roter Faden durch sein gesamtes Werk.
Selten bin ich aus einer Mode(foto-) Ausstellung gegangen und konnte mich so wenig an die Mode erinnern wie hier. Trotzdem nehme ich einen eindrucksvollen Einblick mit. Vor allem auch für einen Überblick über Lindbergh Werk lohnt sich der Besuch allemal, wenngleich ich mir etwas mehr Hintergrundinformationen zu den Bildern und auch zum Leben dieses spannenden Künstlers gewünscht hätte.
Noch bis zum 27.09.2020. Lohnt sich.
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Do 11–21 Uhr
Mo geschlossen
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