In ihrer Welt ist alles ein Punkt: Yayoi Kusama. Punkte in ihrer Malerei, ihren Skulpturen und in ihren hypnotischen und farbenfrohen Rauminstallationen. Punkte in Schwarz-Weiß oder in kunterbunten Farben. Punkte sind Yayoi Kusamas Markenzeichen, sie haben die 1929 geborene japanische Künstlerin zu einem internationalen Superstar gemacht, für deren Werke Sammler Millionen zahlen.
Yayoi Kusama lebt auch in einer Welt voller Punkte. Selbst ihr Atelier in Tokio hat sie komplett mit Punkt-Kunstwerken versehen. In der Mitte dieses grenzenlos erscheinenden Universums aus Punkten steht Kusama selbst; eine inzwischen 96 Jahre alte, auffallend gegenwärtige künstlerische Persönlichkeit – stets gekleidet in mit Punkten bedruckten Outfits. Dazu trägt sie eine signalrote Perücke.
Wer ist Yayoi Kusama?
Die Künstlerin, 1929 als jüngstes von vier Kindern einer wohlhabenden japanischen Familie geboren, hatte eine schwere Kindheit. Um die ständigen Streitereien ihrer Eltern auszublenden, zog sie sich früh in eine Phantasiewelt zurück. Im Alter von 10 Jahren hatte sie zum ersten Mal Halluzinationen. Sie hatte ein Punktmuster vor Augen, das alles um sie herum einschließlich sie selbst aufzulösen schien.
Kusama studierte Kunst in Kyoto. 1958 wagte sie den Schritt, allein nach New York zu gehen. Trotz der 70 kostbaren Kimonos, die sie aus Japan mitgebracht hatte, um sie in den USA zu verkaufen, hatte sie am Anfang ständig Geldsorgen. Vom Geruch ihrer Sparmenüs, immer nur Zwiebeln und Kartoffeln, wurde Donald Judd, der eine Etage über ihr wohnte, so übel, dass er sich bei ihr beschwerte. Angenehmer verlief ihr Kontakt zu Georgia O´Keeffe. Diese besuchte sie in ihrem Atelier, schenkte ihr eine Zeichnung und ermutigte sie, ihre künstlerische Handschrift weiterzuentwickeln. Schon bald wurde die New Yorker Kunstwelt auf die seltsame, kleine Japanerin aufmerksam.
Um als Frau in der männlich dominierten Kunstszene einen Platz zu finden und im besten Falle herauszustechen, ließ sie sich nackt in einer ihrer Installationen fotografieren. Sie begann, Kimonos als ihr persönliches Erkennungszeichen einzusetzen. In den späten 60er-Jahren gründete sie die Yayoi Kusama Fashion Company und lud zu gewagten Modenschauen ein. In einer Pressemitteilung wurde versprochen: „Sehen Sie meine ‚Peekaboo‘-, ‚See-Through‘- und ‚Open‘-Hosen im Stoff und in natura. Überall sind Löcher – Löcher, die lebensspendende Energie ausstrahlen – Teil meines Heiligen Krieges gegen das Establishment.“ Ihre Schauen arteten häufig in Festivals mit viel Körperkontakt aus. Und trotz der Leitmotive „Protest“ und „Nacktheit“ wurden die Kollektionen in hunderten von kommerziellen Boutiquen in den USA angeboten, etwa auf der Sixth Avenue in New York.
Um die Künstlerin Kusama annähernd begreifen zu können, ist ein Aspekt zu beachten, der zweifellos auf ihr Werk Einfluss nimmt: ihre fragile Psyche. Bereits als Kind hatte sie Halluzinationen, und diese hörten nie auf. Doch ließ sie sich nie durch ihre Krankheit einschränken oder davon abhalten, ihrer künstlerischen Arbeit nachzugehen. 1973 kehrte Kusama nach Japan zurück. Bis heute lebt sie freiwillig in einer psychiatrischen Klinik. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite unterhält sie ein großes Atelier mit zahlreichen Mitarbeiterinnen. In diesem geschützten Raum lebt sie bis heute und führt auf bewunderungswürdige Weise ein hoch aktives und kreatives Leben.
Die Zusammenarbeit mit Louis Vuitton
Zu sehen sind Kusamas Arbeiten in den wichtigsten Museen, aber auch in der Mode spielen sie eine Rolle. Mit dem französischen Luxuslabel Louis Vuitton entwickelte Kusama die Gestaltung der Schaufenster seiner Filialen weltweit sowie mehrere Kollektionen. Die Kleidung, Accessoires, Handtaschen und Koffer mit wiederkehrenden Motiven mag man schön finden oder auch nicht, auf jeden Fall verkauften sie sich glänzend.
Zitate von Yayoi Kusama
- Mein Leben ist ein verlorener Punkt inmitten Tausender anderer Punkte.
- Vergiss dich selbst. Werde eins mit der Ewigkeit. Werde Teil deiner Umgebung.
- Tag für Tag, vom Morgen bis in die Nacht, ohne einen Tag zu ruhen, schaffe ich immer weiter Kunstwerke, um am Leben zu bleiben.
- Gegenüber der psychischen Krankheit, die mich seit meiner Kindheit quält, nutze ich die Kunst als Therapie und verwandle die Krankheit in eine Quelle der Energie.
- Ich habe Dutzende und Aberdutzende an Heften vollgemalt, vor allem mit Punkten und Netzen, die sich endlos wiederholen. Was ich in meinen Halluzinationen sah, entspricht meinen ersten Schritten als Künstlerin und hat mich mein ganzes Leben lang geleitet. Ich übersetze meine Visionen in Bilder, Skulpturen, Installationen … Laut meinen Psychiatern leide ich an Integrationsstörungen und Depersonalisierung.
- Jeden Tag denke ich an Selbstmord. Aber letztendlich kann ich sagen, dass es eine positive Überraschung war, geboren zu werden.
- Ich glaube, dass ich am Ende über die Wolken aufsteigen und die Stufen zum Himmel hinaufsteigen kann, und dann werde ich auf mein schönes Leben hinabblicken.
Dass man ein Kunstwerk von Yayoi Kusama sogar auf dem Kopf tragen kann, sehen Sie hier: https://stylerebelles.com/kuerbis-mehr-als-nur-langweiliges-gemuese/