Wir flogen mit Eurowings von Köln/Bonn zu Tanja nach Edinburgh, Freitag vor einer Woche. Wohl wissend, welches Chaos sich auf den Flughäfen abspielt, hatte ich fest vor, nur mit Handgepäck zu reisen. Jede von uns hätte zwei Gepäckstücke mit in die Kabine des Fliegers nehmen können, einen kleinen Koffer mit 8 Kilo Gewicht und eine Umhängetasche, für die kein Höchstgewicht angegeben war. Ich war ganz stolz auf meine Packkünste. Alle Kleider fanden in dem kleinen Trolley Platz, die Kofferwaage zeigte auf 7,8 Kilo. Blieben noch die schweren Sachen: Schuhe, Fön und Toilettentasche. Passten prima in die große Umhängetasche, doch meine Güte, war die schwer! „Warum tust Du Dir das Geschlepp an?“ fragten alle. „Willst Du das etwa durch die endlosen Gänge im Flughafen tragen? Und die Gangway hoch? Es im engen Flugzeug kopfüber in das Gepäckfach hieven? Und das bei der Hitze? Pack doch um Himmels Willen alles in einen mittelgroßen Koffer, den Du am Flughafen aufgibst, und dann hast Du mit nichts mehr was zu tun!“
Ach ja, dachte ich. So mache ich es. Wird schon schief gehen. Die wichtigsten Dinge – Kamera, Tablett, Handy, Kosmetik – hatte ich ja sowieso in meiner Handtasche.
Tanja, Cerstin und ich hatten von Freitag bis Sonntag eine gute Zeit in Edinburgh.
Wir machten unsere Fotos und feierten Tanjas Zehnjähriges im Blog. Am Rande registrierten wir, dass das große Thema in den britischen Medien die zu erwartende Hitzewelle war. Das Kabinett beriet in London, welche Maßnahmen ergriffen werden sollten. Nur Boris Johnson fehlte. Er feierte in Checkers eine private Party. Welche Hitzewelle? fragte ich mich. Es war doch kühl in Edinburgh. Sonntagabend fror ich sogar ein bisschen.
Montag um 12 sollte unser Rückflug starten. Ich hatte den Wecker auf halb 8 gestellt, weil ich in Ruhe frühstücken und packen wollte.
Irgendwas war merkwürdig, registrierte ich nach dem Aufstehen.
Es gab kein Licht im Hotelzimmer, kein Wasser, keine Toilettenspülung. Der Aufzug fuhr nicht. Auf dem Frühstücksbuffet fehlten die warmen Getränke. Die Hitze! sagten die Kellner. In der ganzen Altstadt von Edinburgh sei der Strom ausgefallen.
Leicht panisch verließ ich das Hotel. Ich wollte einen Ort suchen, an dem ich eine Tasse Kaffee bekam, denn wenn ich morgens keinen Kaffee trinke, bekomme ich Kopfschmerzen. Draußen herrschte schon um 8 Uhr eine Hitze wie in einem Backofen. Ich lief einmal den Schlossberg hoch und runter, sah überall nur ratlose Gesichter, Kaffee gab es nirgendwo.
Zurück im Hotel überlegten Cerstin und ich, schnell unsere Koffer zu packen, um so früh wie möglich am Flughafen zu sein. Ohne groß zu überlegen, warf ich meine Siebensachen in den Koffer. Die Kleidung für unsere Fotos, Kosmetik, meinen Lieblingsmantel, in dem ich quasi wohne, mein kleines Schlafkissen, Schmuck, die Aufladekabel, meine Fotoausrüstung und das Tablett.
Vor dem Flughafen in Edinburgh standen lange Schlangen.
Im Gebäude herrschte Chaos. Das Gepäckband an den Check in-Schaltern von Eurowings funktionierte nicht, der Computer auch nicht. Mussten sich in der Stadt Harry Potters etwa die Fluggäste auf fliegenden Teppichen zurück nach Hause bewegen? Nach mehr als drei Stunden Warterei waren wir endlich eingecheckt. Unsere Koffer mussten wir selbst auf das ruhende Gepäckband hieven, zu all den anderen Gepäckstücken, die sich da schon aufgetürmt hatten und darauf warteten, ins Flugzeug nach Köln/Bonn gebracht zu werden.
An Bord der Maschine begrüßte uns der Flugkapitän sehr freundlich mit den Worten: „Wir entschuldigen uns für die Unannehmlichkeiten hier in Edinburgh, aber jetzt wird alles gut. Wir bringen Sie auf schnellstem Wege nach Hause zurück.“ Da wusste er schon, dass er gerade ohne unser Gepäck aus Schottland abflog. Aus Kostengründen hatte man es zurückgelassen, um eine weitere Verspätung und die dafür anfallenden Gebühren zu vermeiden.
Wir landeten in Köln/Bonn. Beton und Glas, elektronische Passkontrolle. Nicht so eine Bruchbude wie in Edinburgh, wo nichts funktionierte.
Eine Stunde lang standen wir uns am Gepäckband in Köln/Bonn die Beine in den Bauch. Nichts bewegte sich. Kleinkinder weinten, alle waren erschöpft und nervös. Manche gingen durch die Gepäckhalle und suchten nach einem Flughafenmitarbeiter, den sie fragen konnten, warum unser Gepäck nicht kam. Aber sie fanden niemanden. Es gibt anscheinend keine Menschen mehr auf dem Flughafen in Köln/Bonn. Eine Mitpassagierin kündigte an, die Ankunftshalle zu verlassen, um sich am Schalter von Eurowings zu erkundigen, was eigentlich los sei. Sie werde ihren Mann, der zurückblieb, anrufen, er könne die Information an uns alle weitergeben. Nach einigen Minuten schellte sein Handy. „Der Schalter von Eurowings ist nicht besetzt“, sagte er. Wie konnte das sein? Es war doch erst 17.50 Uhr.
Und dann tauchten plötzlich die Polizisten auf.
„Können Sie uns bitte helfen?“ baten wir. „Wir warten seit über einer Stunde auf unser Gepäck.“ Ein junger Polizeibeamter ging zu einem Wandtelefon und sprach eine Weile. „Das Gepäck kommt nicht mehr. Es wurde gar nicht aus Edinburgh mitgebracht.“ informierte er uns. „Und wann bekommen wir es wieder?“ fragten wir. „Ach“, lachte er, „das dauert heutzutage Monate.“
Mich befiel ein Gefühl der Hilflosigkeit und Verzweiflung, doch die reiseerfahrene Cerstin griff beim Verlassen der Gepäckhalle beherzt zu ihrem Handy und fand auf der Homepage von Eurowings die Rubrik zur Meldung von vermissten Gepäckstücken. Ruhig und konzentriert gab sie unsere Namen und die Identifikationsnummern unserer Koffer ein.
In den Tagen danach ergänzten wir zu Hause die Details. Angaben zu jedem Teil, das sich im Koffer befand, wann es gekauft worden war und was es gekostet hat. Für alles, was teurer war als 200 Euro, mussten wir nach den Belegen suchen, weil es sonst nicht anerkannt wurde. Das dauert, wie Sie sich vielleicht vorstellen können. Eigentlich war es so, dass ich mich seitdem mit nichts anderem beschäftige.
Eurowings hat die Telefonleitungen, auf denen man Informationen zum verlorenen Gepäck stellen kann, abgeschaltet.
Ach ja, zwischendurch versuchte ich immer wieder, jemanden bei Eurowings am Telefon zu erreichen. Das habe ich jetzt aufgegeben, denn bei Eurowings geht es drunter und drüber. Die Fluggesellschaft hat alle Telefonleitungen, über die man Fragen zum Gepäck stellen kann, abgeschaltet. Die Fluggesellschaft hat auf unsere Verlustanzeigen nicht reagiert, sie ist am Telefon nicht erreichbar. Das geht jetzt seit zehn Tagen so. Wo unsere Koffer sind und ob wir sie je wiedersehen, wissen wir nicht. Fest steht nur, dass Eurowings billig davonkommen wird. Eine Fluggesellschaft muss für verloren gegangene Koffer nur 1350 Euro erstatten, unabhängig davon, was sich in ihnen befindet.
Liebe Firma Eurowings!
Fehler passieren und dürfen passieren. Ihr Verhalten ist jedoch inakzeptabel. Sie lassen das Gepäck der Passagiere eines ganzen Flugzeugs zurück, geben dafür keine Begründung und keine Entschuldigung, Sie kommunizieren nicht. Sie tauchen schlichtweg unter. Sie, eine Tochter der Lufthansa, die in der Corona-Krise mit 9 Milliarden Euro vom Staat gerettet wurde, werden bald gar nicht mehr zu retten sein.
Zum Glück hatten wir vor diesem unliebsamen Erlebnis eine gute Zeit in Edinburgh. Wir hatten ja auch allen Grund zu feiern. Mehr dazu hier.
Ach, ihr Lieben, ich habe ganz aufgeregt eure schlimme
Erfahrung gelesen. Umd bin natürlich heilfroh, dass ich NUR
in Kassel auf der Documenta 15 war. Zwar einen bösen Sturz
hingelegt, aber kein Vergleich zu eurem Unglück !
Sagt schnell, 2as ihr jetzt braucht !
Und hoffentlich tauchen die Koffer doch wieder auf !
Liebe Grüße
Ich fühle mit euch !
Autor
Liebe Marion, danke, dass Du so Anteil nimmst. Das tut gut. Eurowings hat immer noch nicht reagiert. Um uns nicht länger rumärgern zu müssen, haben wir die Sache einem Anwalt übergeben. Mal sehen, ob jetzt etwas passiert.
Schlimm, Dein Sturz in Kassel. Pass gut auf Dich auf, auf bald und herzliche Grüsse.
Hallo Ihr Lieben!
Meine Familie und ich können so was von mitfühlen mit euch!
Sind am 16. Juli mit Eurowings nach Palma geflogen und haben seither nichts mehr von unseren Koffern gesehen!.
Dieselbe Masche des Piloten das wir gleich starten müssen wegen Flugverspätung. Dass sie das Gepäck des ganzen Fliegers in München ließen sagte man uns erst, als wir in Palma stundenlang am Gepäckband warteten. Dann war natürlich Chaos am Programm, denn die meisten der Fluggäste mussten so wie wir zum Weitertransport auf das AIDA Kreuzfahrtschiff.
Hölle pur 1 Woche Kreuzfahrt ohne sein persönliches Gepäck.!
Und was uns auch nervt dass man einfach niemanden von Eurowings erreicht. Ob am Telefon oder am Schalter am Flughafen. Die wissen genau jetzt landet ein Eurowings Flieger mit Gästen die jede Menge Beschwerden im Gepäck haben, da verdrücken wir uns und schließen mal kurzfristig den Schalter!
Haben auch die Sache unserem Anwalt übergeben, mal schauen wie´s weitergeht!
Liebe Grüße
Autor
Liebe Frau Bachmayr-Plattner, es gibt immer noch eine schlimmere Geschichte als die eigene. In unserem Fall ist es das, was Sie mit Eurowings erlebt haben. Eine Kreuzfahrt ohne Gepäck und ohne die Möglichkeit, etwas einzukaufen, ist schon ein ziemliches Desaster.
Ich hoffe wirklich, dass das hier viele Menschen lesen und dass sie in Zukunft ganz genau überlegen, mit welcher Gesellschaft sie fliegen bzw ob überhaupt.
Bitte verzeihen Sie mir, dass ich Ihnen erst heute antworte. Es liegt daran, dass ich wie gelähmt bin und jeden Tag, jede Stunde und jede Minute meinem Koffer und den schönen Dingen darin hinterher trauere. Hinzu kommt, dass ich einfach nicht begreifen kann, warum Eurowings sich bis heute – Tag 24 – noch nicht bei uns gemeldet hat. Wie sieht es denn bei Ihnen aus? Haben Sie Ihr Gepäck zurück bekommen?