Danke, Winterurlaub, dass Du mir diese Erkenntnis gebracht hast. Es ist die beste Idee aller Zeiten – oder sagen wir mal seit dem Kauf meiner silbernen Birkenstocks im letzten Sommer. Ich lebe jetzt ohne Handy. Was ist geschehen?
Die Erkenntnis kam in den Bergen. In den Winterferien in den Dolomiten machte ich nichts anderes, als zu wandern und den lieben, langen Tag den Schneeflocken beim Fallen zuzusehen. Zwei Wochen lang. Jedes Jahr. Wie langweilig! werden Sie denken. Sie haben Recht! Doch Sie glauben gar nicht, wie gut mir das große NICHTS bekommt, wie gut ich mich darin erhole. Es gibt keine spektakulären Ereignisse, ich sehe nicht fern, lasse mein Handy links liegen und rein gar nichts passiert, außer dass ich jeden Tag vier bis fünf Stunden durch die schöne Landschaft spaziere. Dabei plätschert das Leben langsam und ohne Störungen von außen vor sich hin.
Wir alle suchen nach Möglichkeiten, uns von dem Stress zu erholen, der heute unser berufliches und privates Leben kennzeichnet. Die Hektik, die unser Leben bestimmt, wird gesteigert durch unsere Handys und Laptops mit ihrer Flut von Emails und breaking news. Hinzu kommen soziale Netzwerke und weitere Medien, die Vorstellungen propagieren, die zusätzlichen Druck auf uns ausüben. Da ist zum Beispiel der Anti-Aging – Terror. Schon allein das Wort „Anti-Aging“ ist empörend! Warum ist ein natürlicher Prozess wie das Altern in unserer Gesellschaft so negativ belegt? Hinzu kommen die falschen Versprechungen von physischer, psychischer oder geistiger Selbstoptimierung, die uns dazu verleiten, von ewiger Gesundheit, Jugend und Schönheit zu träumen. All das kann Frauen in ein merkwürdiges Dasein führen, eingezwängt in Spandex-Unterwäsche und angetrieben durch den Schrittzähler am Handgelenk. In ein Leben, in dem wir uns oftmals fremd bestimmen lassen und in dem Wunsch, perfekt zu sein, komplett über das Ziel hinaus schießen. Körperpflege, gesunde Ernährung, Entspannung und Sport – alles gut! Doch was nützt uns der Entspannungstag, der zwar mit einem Pflegeritual startet, aber unbedingt mit diesem selbst hergestellten Hagebuttenkernöl? Dazu ein frisch gepresster Smoothie aus sechserlei Gemüsen plus Gojibeeren. Anschließend eine Stunde Meditation und dann schnellschnell zur Laufgruppe, um für den Halbmarathon zu trainieren. Wenn wir nicht acht geben, kann es uns dann auch noch passieren, dass wir dieses Programm so ernsthaft betreiben, dass es den Stellenwert eines Nebenjobs bekommt. Das Ergebnis ist ein Leben, bei dem wir versuchen, unsere Lebensqualität zu erhöhen, sie jedoch in der Realität nur mindern.
Zurück von meinem Zauberberg stellt sich die Lösung des Perfektionswahns grad so einfach wie radikal dar. Das erholsamste Wellness-Treatment von allen habe ich mir aus dem Urlaub mitgebracht. Es heißt: Handy aus! Eine Schönheitsbehandlung, die übrigens nicht mal Geld kostet.
Und klar, den Selbstversuch kann ich nur starten, weil es keine kleinen Kinder und keine Chefs in meinem Leben gibt, sodass ich nicht ständig erreichbar sein muss. Trotzdem weiß ich nicht, wie die Sache ausgehen wird. Im Moment fühlt es sich an wie eine Befreiung. Wir werden sehen.
Haben Sie schon mal das Handy aus Ihrem Leben verbannt? Falls Sie damit Erfahrungen haben, wie man gut durchhält, lassen Sie es mich bitte wissen. Ich bin dankbar für jeden Tipp.
Falls Sie sehen möchten, auf welchem Zauberberg ich auf diese Idee gekommen bin, dann bitte hier entlang.