Noch vor zehn Jahren war die Potsdamer Straße eine reine Durchfahrtstraße, immer Verkehr, schmuddelig, eine harte Gegend mit Spielhöllen, Sexshops, Kriminalität und Straßenprostitution.
Und heute? Die erste Adresse an der Potsdamer Straße sind die schicken Concept Stores von Andreas Murkudis. Sein Name ist in Berlin das Synonym für guten Geschmack. Vor zwanzig Jahren zog er aus der Münzstraße in Mitte in den Hinterhof von Hausnummer 77-87 an die Potsdamer. 1000 Quadratmeter Ladenfläche, sieben Meter hohe Decken. Hier sind Produkte vom Kaschmirmantel bis zum minimalistischen Wohnaccessoire sparsam verteilt. Murkudis hat kleine, ausgesuchte Nischenmarken im Programm, die man in dieser Kombination nirgendwo sonst sieht. Mode von Dries van Noten, Miyake, Rick Owens, Möbel von e15, Kosmetik von Susanne Kaufmann, Cremes und Duftkerzen der alten deutschen Apothekenmarke Retterspitz. Dazu japanische Batik, Stühle, die auf Sansibar von Hand gefertigt werden und dänische Keramik von KH Würtz, mit der auch die Tische im Kopenhagener Restaurant Noma eingedeckt sind.
Murkudis´ Nachbarn an der Potsdamer Straße sind heute die Victoria Bar, ein großer Acne Shop, Odeeh, Fiona Bennett mit ihrem Hutatelier, in den Hinterhöfen die dänische Designmarke Kvadrat, Galerien von Max Hetzler, Esther Schipper und Juerg Judin. Zuletzt ist der belgische Modedesigner Christian Wijnants einen Laden eröffnet.
Und dann natürlich das Delikatessengeschäft Harb in Nr. 93. Wer das üppig ausgestattete Geschäft mit den orientalischen Lampen, Tabletts und Tajines im Schaufenster zum ersten Mal betritt, wird erstaunt sein, wie wunderbar es riecht. Von den Warentischen strömen die köstlichsten Düfte. Gewürze, Nüsse, Süßigkeiten, die Regale präsentieren libanesische Weine und mediterrane Leckereien.
Anhand der Brötchenpreise lässt sich gut der Reiz der Potsdamer Straße beschreiben: 30 Cent bei Thoben, 80 Cent gegenüber bei Gragger Brot – hier die Bäckerkette, dort die Backwarenmanufaktur, und beide freuen sich über viele Kundinnen und Kunden. Es ist die Gleichzeitigkeit, das friedliche Nebeneinander, das die Gegend am Tiergarten heute ausmacht.
Das zeichnet auch die Restaurants der Straße aus. Im Irma La Douce (1 Michelin-Stern) kann man sich ein klassisch französisches 6-Gang-Menü servieren lassen, beim Türken an der Ecke bekommt man eine Linsensuppe für 3.50 Euro. Am originellsten aber ist die Joseph-Roth-Diele. Die Gaststätte ist dem Schriftsteller gewidmet, sie ist eine regelrechte Huldigung an ihn. Das Schöne ist, dass man dort selbst am Abend ein gutbürgerliches Gericht wie Gefüllte Paprikaschoten mit Kartoffelpüree für 6 oder 7 Euro essen und dazu Fassbrause trinken kann.
Und hier nimmt Cerstin Euch mit zu einem kulinarischen Rundgang durch Prenzlauer Berg.