Als ich 14-15 Jahre alt war, fuhr ich regelmäßig mit Bus und Straßenbahn in die Stadt. Mein Ziel: der Bahnhof. Nicht, weil ich irgendwohin wollte, sondern wegen des Zeitschriftenladens dort. Der hatte englische Magazine im Sortiment, und genau danach suchte ich – zum Beispiel heat. Ich blätterte das Magazin sehnsüchtig durch, auf der Suche nach ihm: Robbie Williams. Mein Teenager-Heartthrob seit den frühen Take That Tagen. Poster von ihm hingen über meinem Bett. Über 30 Jahre ist das jetzt her.
Als Robbie aus der Band ausstieg, war das für mich kein Drama, sondern eher eine logische Entwicklung. „Es musste ja so kommen“, sagte ich damals einer Freundin. Take That verlor mit Robbie für mich den Glanz. Mir ging es eben nie wirklich um „die Band“. Es ging immer nur um Robert Peter Williams aus Stoke-on-Trent.

Robbie beim Song „Rock DJ“.
Robbie Williams: Vom Mädchenschwarm zum Soundtrack meines Lebens
Robbie ist fünf Jahre älter als ich. Damals wirkte dieser Altersunterschied wie eine unüberbrückbare Welt. Heute erscheint er mir lächerlich klein. Robbie wurde kürzlich 51, ich steuere zielstrebig auf den zweiten Teil der 40er zu. Und irgendwie sind wir auf eine seltsame, schöne Weise zusammen älter geworden.
Vorgestern habe ich ihn wieder live gesehen – beim Start seiner Britpop-Tour in Edinburgh. Meine Heimat hat Robbie sich ganz bewusst für den Tourstart ausgesucht, so sagte er beim Konzert, weil es in Schottland immer so heimelig ist, und die Fans so warmherzig sind. Natürlich stimme ich da gerne zu!
Das Konzert hat sich angefühlt wie eine kleine Zeitreise. Kein platter Nostalgieabend, sondern ein bewegendes Erlebnis, das mich tatsächlich, ich bin selbst etwas überrascht, tief berührt hat. Ich glaube wirklich, dass das auch etwas mit der gemeinsamen „Reise ins älter werden“ zu tun hat. Auch Robbie selbst sprach darüber – wie wir mit ihm, und er mit uns, älter wird.

Mein Outfit für den Abend. Leider begann der mit starkem Regen, da ging es nicht so extra schick. Aber der Regen verzog sich und mit Jeansjacke bei Robbie – das hat bei mir Tradition! Und meine neue Brille macht sowieso alles gut, denn so geht Statement!
Robbie Williams: Entertainer Forever!
Aber bei dem Thema Alter, lieber Robbie, kann ich mir nun eine Sache nicht verkneifen: die Wangenfüller – oder was auch immer da in deinem Gesicht passiert ist – nein: so geht das nicht. Dein Lächeln sieht heute anders aus. Ich finde: früher war es schöner. Dir ist es selbst bewusst, denn du machtest selbst Witze über das Verjüngern. Natürlich: jedem das Seine. Sage ich immer, gilt selbstverständlich auch hier und für dich. Aber so glattgebügelt und etwas künstlich – es ist nicht mein.
Aber ich bin ja fürs Entertainment hier!
Wie immer schon. Und kann auch wie immer nochmal sagen: Robbie wird nie als der beste Sänger der Welt gelten – muss er nicht, will er auch nicht. Aber als einer der besten Entertainer aller Zeiten ganz bestimmt. Daran hat sich nichts geändert. Und mein Teenagerherz hat sowieso nie ganz aufgehört zu schlagen, wenn er auf der Bühne steht. Gerade, wenn da neben dem Robbie von heute auf der Bühne noch der Teenager-Heartthrob Robbie erscheint.

Robbie singt „My Way“.
Robbie Williams – zum ersten Mal mit Tränen
Und dann kam „Angels“. Das war noch nie mein Lieblingssong – der Titel wird für mich immer den Liedern „No Regrets“, „Strong“ und „Come Undone“ zusammen gehören. Aber „Angels“ ist immer schön und natürlich habe ich das Lied schon unzählige Male gehört – auf Partys, Hochzeiten, im Radio. Und wenn es so ein Stadion mit 65,000 Leuten erstmal ganz alleine stemmt – das ist immer ganz besonders.
Aber diesmal war es anders. Zum ersten Mal liefen mir dabei tatsächlich die Tränen über die Wangen. Ich wusste gar nicht, warum. Bis mir wieder einfiel, dass Robbie das Lied für seine Großmutter geschrieben hat. Sie war für ihn sehr, sehr wichtig, wie meine Oma für mich. Sie verstarb vor noch nicht so langer Zeit und ich glaube, dass das wohl der Grund für die Tränen war.
Aber es war wohl auch vor allem dies: diese Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Jugend und Erwachsensein, zwischen Verlust und Liebe. Musik kann solche Verbindungen erschafffen – und Robbie Williams für mich persönlich eben ganz besonders. Seine Lieder sind der Soundtrack meines Lebens. Zeitgleich eine Zeitkapsel und eine Zeitreise.
Am Ende dieses Abends habe ich nicht nur einen großartigen Entertainer gesehen, sondern auch ein Stück meiner eigenen Geschichte gespürt. Und ich glaube, vielen im Publikum ging es ähnlich. Wir sind alle ein bisschen älter geworden, Robbie genauso wie wir.
Aber manche Dinge ändern sich nie: Robbie kann das Stadion nicht nur füllen, es frisst ihm auch heute noch sprichwörtlich aus der Hand.
Und überhaupt: das pinke Outfit – mit Abstand das beste von allen – passte so herrlich zu meiner Brille! Was will man mehr!