In den letzten Jahren war ich viele Wochen in Frankreich unterwegs. Im Garten eines Bauernhauses in einem verschlafenen Dorf im Südwesten lag ich drei Tage und Nächte in der Hängematte und sah dem Pferd auf der Weide zu. In Paris quälte ich im Le Bon Marché, dem ersten und schönsten Warenhaus der Welt, meine Kreditkarte so richtig. In der Rue des Martyrs aß ich ein Rosen-Macaron-Biscuit mit Himbeeren und Litschis. Auf Belle-Ile musste ich sofort nach dem Aufwachen lachen, weil es so schön war: die Sonne, die durch das Fenster ins Zimmer fiel, der leichte, salzig-warme Wind und die Vorfreude auf das Frühstück mit frisch gebackenen Crepes mit Mirabellen-Marmelade.
Auf diesen Reisen dachte ich viel über unser Verhältnis zu Frankreich nach.
Wir Deutschen lieben Frankreich, wir sehnen uns danach. Zwei Augustwochen lang ernähren wir uns von nichts als Milchkaffee und Madeleines, wir lernen, wie man auf französisch mit der Verkäuferin im Fischgeschäft parliert, wir brettern achtlos über Zebrastreifen, springen von vier Meter hohen Felsen ins Meer und lassen uns tonnenweise Wein und Käsestücke aufschwatzen, die kaum in den Koffer passen. Wir fühlen uns kapriziös, verwegen, glamourös, am Leben.
Dann kommen wir nach Hause und kehren zurück zu unseren strengen Diäten und Sportprogrammen, schimpfen über Fußgänger auf dem Fahrradweg und Leute, die bei Rot über die Ampel gehen, wir machen um 12:30 Uhr kurze Mittagspausen, stellen die köstlichen Käsestücke für “besondere Anlässe” in den Schrank und schauen abschätzig auf die viel zu teure neue Handtasche der Nachbarin.
Komisch, dass wir Frankreich so lieben und uns doch nicht mal eine winzig kleine Baguette-Scheibe von der französischen Lebensart abschneiden.
Ja, wie wir die Franzosen eigentlich sogar ein bisschen dubios finden mit ihrer Bereitschaft, viel Geld für frische Meeresfrüchte und Champagner auszugeben, in kleinen, zerbeulten Klapperkisten herumzufahren und mit ihren lebenslustigen Präsidenten, die schon mal Nächtens mit dem Scooter zur Affäre fahren oder ihren Ehekrach handfest auf offener Bühne austragen.
Wir lieben Frankreich, weil wir so gar nicht französisch sind. Weil wir das Land um seine feine Lebensart, seine joie de vivre und seinen Charme beneiden, aber gleichzeitig niemals von unserer deutschen Korrektheit und Steifheit abweichen wollen. Gegensätze ziehen sich an, so sagt man ja. In diesem Sinne – und auch weil der deutsche Juni gerade auf sehr deutsche Temperaturen herabgekühlt ist – anbei ein paar wärmende Bilder vom französischen Sommer.
Der Artikel ist eine überarbeitete Version eines Textes vom 4. April 2022.
Liebe Ursel,
Wir wagen auch grade Frankreich, Mann und Sohn nicht so ganz feiwillig, ich schon…
Und Mitte Juli wage ih nochmal Frankreich, da besuchen wir zum 60jährigen Jubiläum unserer Städtepartnerschaft unsere Partnergemeinde Montrichard-Val-de-Cher.
Grade in Zeiten wie diesen finde ich diese Partnerschaften wichtig, um über den Tellerrand zu gucken.
Ich wage also grade und dann im Juli nochmal und Anfang Oktober gehts dann nochmal für ein Wochenende nach Paris.
Und im Gepäck sind dann wieder Rene-Claude-Marmelade und Sirop de Pamplemousse rosé, denn kaum etwas schmeckt auch Zuhause mehr nach Sommer als Rosé-Pamplemousse.
A bientôt
Birgit
Autor
Liebe Birgit,
danke für den Tipp mit dem Pampelmusensirup. Den brauche ich aber auch dringend.
Bon voyage und herzliche Grüße,
Ursel