Sonntag, 14 Uhr, Roncalli-Platz zwischen Kölner Dom, Römisch-Germanischem Museum und Heinzelmännchenbrunnen.
Menschen mit kleinen blauen Fahnen und selbstgebastelten Pappschildern bevölkern den Platz, einige würde man eher im Bioladen, andere eher am Kiosk an der Ecke treffen. Studierende, ältere Paare, Typ Akademiker mit erwachsenen Kindern, ein paar Teenager, Eltern mit Kindergartenkindern auf den Schulten, kleine Gruppen, aber auch Einzelpersonen, ein Dinosaurier. Männer, Frauen. Menschen halt. Bis auf den Dinosaurier natürlich.
Die meisten, schätze ich, sind aus meiner Generation. Generation X. Die Interrail und Erasmus Generation, die ihre Sommer auf Campingplätzen in ganz Europa verbracht hat und während des europastipendiengeförderten Auslandsemesters Trinkspiele zum Grand Prix d’Eurovision mit Studierenden aller europäischer Mitgliedstaaten gespielt hat. Die Generation von Menschen, die sich den Euro gewünscht und die Reisefreiheit der EU als eine der ersten so richtig genutzt haben, die sich wie ich mehr als Europäerin als als Deutsche (oder andere Nationalitäten) fühlen.
Sie stehen hier eine kleine Stunde lang, um zu zeigen, dass ihnen genau dieses Europa wichtig ist. Ein Europa, das zusammen hält, das Grenzen überwindet, das zusammen gehört.
Die Stimmung ist fröhlich und friedlich und auch ein bisschen ernst, denn schließlich geht es auch um etwas.
Wie immer in Köln ist auch kleines bisschen Karneval. Der „Stammbaum“ Liedtext von den Bläck Fööss wurde schon zu Beginn der Demo herumgereicht. An den vorherigen Sonntagen wurde es bereits gesungen. Plötzlich geht ein kleines Raunen durch die Menge. Die Bläck Fööss betreten die winzige Bühne. Der Platz hakt sich unter. Und singt und schunkelt und freut sich, Teil von Köln und in Köln Teil von Europa zu sein.
Gut 3500 Menschen bekennen Farbe, blau-gelbe Farbe.
Auf dass nächsten Sonntag noch mehr den Arsch hoch kriegen. Für Europa.
Weil es manchmal wichtig ist, für etwas auf die Straße zu gehen, das man nicht verlieren möchte.
http://pulseofeurope.eu/koeln/
Wer sich schon mal vorbereiten mag:
UNSERE STAMMBAUM
Bläck Fööss
Ich wor ne stolze Römer, kom met Caesar’s Legion,
un ich ben ne Franzus, ich kom mem Napoleon.
Ich ben Buur, Schreiner, Fescher, Bettler un Edelmann,
Sänger un Gaukler, su fing alles aan.
Refrain:
Su simmer all he hinjekumme,
mir sprechen hück all dieselve Sproch.
Mir han dodurch su vill jewonne.
Mir sin wie mer sin, mir Jecke am Rhing.
Dat es jet, wo mer stolz drop sin.
Ich ben us Palermo, braat Spaghettis für üch met.
Un ich ich wor ne Pimock, hück laach ich met üch met.
Ich ben Grieche, Türke, Jude, Moslem un Buddhist,
mir all, mir sin nur Minsche, vür’m Herjott simmer glich
De janze Welt, su süht et us, es bei uns he zo Besök.
Minsche us alle Länder ston bei uns hück an de Thek.
M’r gläuv, m’r es en Ankara, Tokio oder Madrid,
doch se schwade all wie mir, un söke he ihr Glöck.