Mit Mitte 40 habe ich von einem Tag auf den anderen aufgehört zu rauchen. Das war nur durchzuhalten, indem ich für das Jahr der Entwöhnung auf den Besuch meiner Stammkneipe verzichtete. Wir befanden uns in Zeiten vor dem Rauchverbot in Kneipen. Mit dem Verlangen nach einer Zigarette ließ die Lust nach, abends nach getaner Arbeit noch mal in die Stammkneipe an der Ecke reinzuschauen. Nach Jahren intensiven Mäanderns durch das Nachtleben war ich zudem der Kneipen überdrüssig. Außerdem schellte der Wecker morgens um sechs, das Berufsleben wurde anstrengender. So wurde ich häuslich, kaufte Kupfertöpfe, legte einen Weinkeller an und brachte mir bei, wie man Fischpasteten zubereitet. Fürs außerhäusige Amüsement (Zeitungslesen und Leute gucken) suchte ich mir ein Stammcafé.
Manchmal vermisse ich eine Stammkneipe und das Gefühl: Ich kann am Abend kommen, wann ich will, irgend jemand wird schon da sein, den ich kenne und mit dem ich eine Weile ziellos plaudern kann.
Wenn ich heute, was gelegentlich mal nach einem Kinobesuch vorkommt, in die Ex-Stammkneipe gehe, kenne ich dort niemanden mehr. Es steht nur Jungvolk herum, zwischen dem ich mir vorkomme wie die Frau vom Jugendamt. Das hat auch damit zu tun, dass es bei uns keine Tradition gibt, dass ältere Leute überhaupt noch in Kneipen gehen. Aber wo sind sie denn, die Älteren? Sie sitzen doch nicht alle ab Viertel nach Acht in Puschen vor dem Fernseher und gucken den „Bergdoktor“? Ich sehe sie doch tagsüber putzmunter auf der Straße.
Anders ist das in einer so offenen Stadt wie Amsterdam.
Es gibt eine sozial- und altersgemischte Kneipenkultur. Alt und Jung stehen gemeinsam an der Theke und amüsieren sich. Anscheinend haben ältere Leute dort nicht das Gefühl, dass das Jungvolk raunt: Kommen die Gäste jetzt schon zum Sterben hierher?
Allerdings, das muss ich mir eingestehen, bin auch ich in Amsterdam anders. Offener, amüsierwilliger und ob andere mich dort alt oder jung finden, ist mir schön längst egal.
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