Es gibt wenige Stoffe, die so eng mit einem Land verbunden sind wie Tweed mit Schottland. Für mich, die ich in Edinburgh lebe und die raue Schönheit der Highlands so sehr liebe, ist Tweed aber nicht nur ein Stoff. Vielmehr ist er, wie Tartan, mittlerweile auch ein Stück Heimat – und Teil meiner eigenen Geschichte und Identität. Und überhaupt: was früher oft als altmodisch galt, erlebt heute ein aufregendes Revival.
Tweed – von traditionell zu trendy: eine Geschichte von Tradition und Handwerkskunst
Tweed hat eine lange und stolze Tradition. Ursprünglich für die Arbeiterklasse und Landbevölkerung entwickelt, war dieser widerstandsfähige Stoff perfekt für das raue schottische Wetter. Die natürlichen Wollfasern werden auch heute noch von Hand gewebt, und die charakteristischen Muster – Hahnentritt, Fischgräte oder Karos – sind bis heute entscheidend für den Look. Im 19. Jahrhundert begann Tweed, die Modewelt zu erobern. Adelige und wohlhabende Stadtmenschen trugen ihn bei ihren Jagdausflügen. Im Torridon Hotel, in dem ich kürzlich zu Gast war, hingen Bilder von der Jagd, wo genau solche Outfits zu sehen waren. So wurde Tweed zum Symbol für Landleben reicher Leute. Aber dann geriet er ein wenig ins Abseits, wurde beschrieben als zu schwer, zu förmlich, zu altbacken.
Doch jetzt? Tweed ist zurück, und zwar nicht nur als Reminiszenz an vergangene Zeiten, sondern auch als Ausdruck moderner Mode.
Mein persönlicher Stil: Tradition trifft Moderne
Ich liebe es, wie Tweed sich heute in frischen Farben und modernen Schnitten neu erfindet. Und ich glaube fest daran, dass man mit Tweed immer einen kleinen Teil Schottlands mit sich trägt. Gerade, wenn man ihn mit modernen Akzenten kombiniert, wirkt der Stoff lebendig und zeitgemäß.
Ein Beispiel ist mein graue Tweedrock von Walker Slater. Walker Slater ist eine Marke aus Edinburgh, die ich sehr schätze, weil sie sich auf hochwertige und nachhaltige Mode spezialisiert hat. Auf den ersten Blick wirkt der Schnitt von meinem Rock recht klassisch, hat aber einen Twist: er sitzt sehr hoch und ist hinten sehr interessant geschnitten. So hat er sozusagen ein schlichtes, zeitloses Design mit Kick, und lässt sich perfekt mit modernen Elementen stylen.
So trage ich dazu zum Beispiel eine kurze schwarze Jacke mit diagonalem Reissverschluss. Ich habe sie vor Jahren einmal in Singapur bei einem Pop-up junger Designer aus der Stadt entdeckt und liebe sie. Die wahren Hingucker sind jedoch meine Schuhe: sie stammen aus einer Kollaboration vom japanischen Designer Issey Miyake und United Nude und sind mit ihrer futuristischen Form und ihrem besonderen Plateau ein toller Kontrast zum klassischen Tweed.
Warum Tweed heute so angesagt ist
Ich denke, Tweeds Rückkehr in die Mode hat viel mit unserer Sehnsucht nach Authentizität und Qualität zu tun. In einer Welt, die noch immer viel zu oft von Fast Fashion und schnelllebigen Trends geprägt ist, steht Tweed für Beständigkeit und echtes Handwerk. Er ist langlebig, nachhaltig und einfach schön.
Außerdem hat sich die Art und Weise, wie wir ihn tragen, geändert. Heute geht es nicht mehr um das traditionelle Tweed-Kostüm mit passendem Blazer, sondern um das Mix-and-Match mit modernen Stücken. Tweed wird auch gerne lässig kombiniert, etwa mit einem schlichten T-Shirt, Sneakers oder – wie in meinem Fall – ungewöhnlichen Schuhen.
Und natürlich hält er auch wirklich einfach so schön warm! Einfach der ideale Rock für kalte Tage im Winter – darum war dies auch eines meiner Outfits beim Festival of Fashion, denn in Braemar herrschten Minusgrade.
Mein Fazit: Tweed gehört in jeden Kleiderschrank
Wenn ihr noch keinen Tweed in eurem Kleiderschrank habt, ist jetzt der perfekte Zeitpunkt, das zu ändern. Ich hoffe jedenfalls, dass mein Blick auf Tweed euch inspiriert, diesem Stoff eine Chance zu geben. Vielleicht besucht ihr eines Tages Schottland, entdeckt seine Wurzeln und erlebt die Magie selbst. Besonders eindrucksvoll und wunderschön geht das natürlich auf der Isle of Harris.