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Älterwerden: Wie bereitet man sich auf den Ruhestand vor?

Gutes Leben im Ruhestand„Noch 15 Jahre bis zur Rente – und dann bin ich endlich frei!“ höre ich häufig von Freundinnen, die Anfang 50 sind. Das Bild der Zukunft ist ein Sehnsuchtsort namens Ruhestand. Oft ist er verbunden mit einer Zahl auf dem Konto, die Angst auslösen oder in Zuversicht versetzen kann. Und mit dem Entwurf von Plänen von einem Leben mit viel Zeit für die Dinge, für die vorher keine Zeit war. Für Beschäftigungen, die Spaß machen, wie zum Beispiel eine Reise durch Spanien und Portugal. Je nach Kontostand im klapprigen Volvo Combi mit Matratzenlager oder mit der Aussicht auf Unterbringung in kleinen Pensionen am Strand. Auf jeden Fall aber frei und selbstbestimmt, 6 Wochen lang, im Mai/Juni, in der Zwischensaison, wenn die Strände noch leer und die Hotelzimmer günstig sind. Und dann sind die Gespräche auch schon wieder vorbei.

Die Gesetzeslage in Deutschland ist so, dass alle, die nach 1964 geboren wurden, mit 67 Jahren die so genannte Regelaltersgrenze erreichen. Für eine Frau dieses Jahrgangs heißt das: Es bleiben im besten Fall noch gut 20 Jahre Lebenszeit, je nachdem wie gesund und zäh sie ist.

Wo lernt man eigentlich, eine zufriedene Rentnerin zu sein?

Ich bin 67 Jahre alt. Statistisch gesehen bleiben mir noch 17 weitere Lebensjahre. Eine Frau zu sein und zur Mittelschicht zu gehören, ist eine gute Voraussetzung dafür, sehr alt zu werden. Sowohl ärmere Menschen als auch Männer sterben früher – reichen Greisinnen gehört die Zukunft.

Ich bin schon seit einiger Zeit im Ruhestand. Es geht mir gut, toitoitoi! Die Finanzen stimmen; ich habe das Glück, gute Ärztinnen zu haben, die auf mich aufpassen; ich habe viel freie Zeit. Und was mache ich mit ihr? Als Autorin habe ich damit kein Problem. Ich kann den ganzen Tag schreiben, ohne den Druck zu haben, damit Geld verdienen zu müssen. Die Erfüllung, mich ganz in eine kreative Tätigkeit versenken zu können, teile ich mit Künstlerinnen und Musikerinnen. Aber was machen Menschen, die keine kreative Ader haben oder in ihrem Berufsleben so eingespannt waren, dass sie keine Zeit für Hobbies hatten, die sie im Ruhestand weiterführen und ausbauen können?

Die große Frage ist: Was machen wir mit dem Überschuss an Zeit, der uns nach dem Renteneintritt zur Verfügung steht? Viele von uns haben den Anspruch, diese Zeit möglichst sinnvoll zu füllen. Den Tag mit Pilates beginnen, im Onlinekurs Niederländisch lernen, einen Garten anlegen, sich ums Enkelkind kümmern, mehrere Ehrenämter übernehmen – der Ruhestand kann eine neue Art von Stress bedeuten, denn plötzlich sind dort all diese freien Tage, die mit Aktivitäten gefüllt werden müssen, wenn man nicht damit zufrieden ist, jeden Tag ein paar Seiten in einem Buch zu lesen oder darauf zu warten, dass das erwachsene Kind ans Telefon geht.

Was kann man machen, um im Alter nicht zu vereinsamen?

Der realistische Blick auf den Ruhestand führt auch dazu, sich mit einer sehr, sehr schmerzlichen Tatsache auseinanderzusetzen. Es könnte passieren, dass mein Partner vor mir stirbt. Denn in den typischen Beziehungen, in denen der Mann einige Jahre älter ist, ist es bei den durchschnittlichen Lebenserwartungen, die für Frauen etwa fünf Jahre höher liegen, ziemlich wahrscheinlich, dass sie mindestens die letzten zehn Jahre ohne ihren bisherigen Partner verbringen werden. Ich erwische mich regelmäßig dabei, dass ich ein vermeintlich ungesundes Verhalten meines Partners argwöhnisch beäuge und mir auf die Zunge beißen muss, es nicht zu kommentieren, wenn er sich ein zweites Glas Wein einschenkt. Was mich beruhigt: Immerhin hat er vor fünf Jahren aufgehört zu rauchen.

Bei der demografischen Entwicklung der deutschen Bevölkerung, in der immer mehr Menschen keine Kinder bekommen und die durchschnittliche Zahl eigener Kinder sich bei 1,5 eingependelt hat, nehmen zudem die Kontakte zwischen den Generationen ab, weil es vielleicht keine erwachsenen Kinder oder Enkelkinder gibt. Paare verzichten auf ihren Kinderwunsch, um sich ganz ihrer Karriere widmen zu können. Es kommt vor, dass der zeitliche Umfang und der Druck im Berufsleben so groß sind, dass sich Menschen auch innerhalb ihrer eigenen Altersgruppe isolieren.

Welche Konsequenzen ziehen wir daraus?

  • Damit wir nicht erst im Ruhestand vor der Aufgabe stehen, Hobbies zu kultivieren, sollten wir uns während unserer beruflichen Zeit, eigentlich während unseres ganzen Lebens, darum kümmern, ein zwischen Beruf und Privatleben ausgewogenes Leben zu führen. Wir sollten in unserer Freizeit etwas tun, was uns Spaß macht und uns erfüllt. Das gute Leben auf die Zeit nach dem Ruhestand zu verschieben, ist keine gute Idee. Wir brauchen diese Zeit schon vorher, um den Ruhestand überhaupt zu erreichen und ihn sinnvoll gestalten zu können. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir ja auch das Pech haben könnten, dass uns am Tag nach dem Renteneintritt der Schlag trifft und wir versterben.
  • Eine wichtige Altersvorsorge für heterosexuelle Frauen, egal ob mit Kind oder ohne, ist aus meiner Sicht, sich mit Menschen, aber insbesondere mit Freundinnen zu umgeben, mit denen man die letzten Lebensjahre verbringen kann. Eine durchaus positive Vision kann es sein, Freundschaften mit jüngeren Frauen zu pflegen. Ihre Themen, ihr Tempo und ihre Energie können für eine ältere Frau wie eine Tankstelle sein, an der sie sich mit Lebensfreude aufladen kann.
  • Ein weiterer wichtiger Punkt ist die rechtzeitige Vorbereitung auf eine altersgemäße Wohnsituation, in der man seine Autonomie bewahrt, aber nicht vereinsamt. Aber zu diesem Thema, lieber Leserinnen, fehlt mir die Antwort. Ich schiebe es noch komplett vor mir her.
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4 Kommentare

  1. Susa Berg
    08/01/2021 / 14:23

    Liebe Ursel,
    gutes neues Jahr für Dich. Jetzt bin ich baff… Du hast für mich einen Beitrag geschrieben. Ich muss drüber nachdenken und melde mich nochmal!
    Liebe Grüße, Susa

  2. Ursel
    Autor
    08/01/2021 / 16:36

    Ein bisschen ja, liebe Susa. Ich habe in der Tat an Dich gedacht und an eine Bekannte, die mir diese Woche am Telefon erzählte, dass sie nach sinnhaften Perspektiven für ihren Ruhestand sucht.
    Liebe Grüsse und alle guten Wünsche für 2012.

  3. Susa Berg
    11/01/2021 / 15:53

    Liebe Ursel,
    zunächst Dir noch für viele helle und gute Tage im weiteren Jahresverlauf!
    Danke für den schönen Beitrag, der wirklich wie gerufen kommt. Jetzt kann ich schon sagen „nächstes Jahr“. Das ist ein zwiespältiges Gefühl, denn eigentlich kenne ich es ja gar nicht, selbstbestimmt zu leben. Das muss ich dann lernen. Außerdem möchte ich mich dabei natürlich mit meinem Partner arrangieren.
    Ich führe schon seit ca. zwei Jahren eine Liste „Was erhoffe ich mir meine Zeit nach dem Arbeitsleben“ und da finde ich so einfach umzusetzende Dinge wie „Jahreskarte für die Kölner Museen“ oder“ Yogakurs“, aber auch „Zeit mit Freundinnen“ und der abstrakte Begriff „Kaufladen“. „Kaufladen“ steht dabei für eine Tätigkeit, bei der ich ehrenamtlich oder als Minijob etwas Schönes verkaufe. Zum Beispiel in einem Teegeschäft, Second Hand, oder ähnlichem. Aber dieser Wunsch kreuzt sich mit dem Wunsch erstmal ohne Zeitrahmen reisen zu können, frei zu sein.
    Tja und die Freundinnen fallen ja auch nicht mehr vom Himmel. Was war das in der Jugend einfach, neue Herzensmenschen kennen zu lernen. Jetzt bin ich anspruchsvoller geworden, kritischer. Leider! Irgendwas ist immer. Aber ich habe eine „alte“ Freundschaft wiederbelebt, nach fast 30-jähriger Pause, und das tut mir und ihr richtig gut. Schade, jetzt ist uns Corona ein wenig dazwischengekommen, aber wir telefonieren und bleiben in Kontakt. Das schaffen wir dann auch noch…
    Ja und ein wenig Müßiggang möchte ich auch zelebrieren. Kennst Du den Spruch: Müßiggang ist aller Laster Anfang? Na, dann immer her damit!

    Herzliche Grüße aus Köln,
    Susa

  4. Ursel
    Autor
    12/01/2021 / 12:19

    Liebe Susa,
    danke für Deine guten Wünsche und Deine Gedanken zum Thema „Ruhestand“. Du hast so viele tolle Ideen, dass es Dir sicher nicht langweilig werden wird. Ich glaube, dass man sich viel Zeit geben muss, damit der Übergang gut klappt. Bei mir hat es ein ganzes Jahr gedauert, bis ich mich in die neue Lebensphase eingefunden hatte. Gut Ding will Weile haben.
    Sei herzlich gegrüßt!

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