Schon oft habe ich gedacht, dass ich die perfekte Queen wäre. Ich würde die Schlösser und Landhäuser, die Juwelen, Abendkleider und Bankette wirklich sehr mögen. Wie wunderbar, nicht mehr am Flughafenschalter in der Schlange stehen zu müssen, kein Geschirr mehr abwaschen und keinen Bürgersteig mehr fegen. Reisen im Privatflugzeug, die besten Plätze im Theater und beim Pferderennen, mit den anderen Königinnen auf Du und Du, gelegentlich huldvoll winken aus der goldenen Kutsche oder vom Balkon. Dazu mein Porträt auf den Briefmarken: Ursula I.
Doch nach der Lektüre von Robert Hardmans gerade erschienenen Buch „Queen of Our Times“ habe ich meine Meinung schnell geändert. Königinnen und Könige leben in goldenen Käfigen, können öffentlich weder sagen, was sie wollen noch sich benehmen, wie sie wollen. Jeder Schritt, jedes Wort wird argwöhnisch beobachtet. Ein Leben in Gefangenschaft.
Aus Hardmans Buch erfuhr ich, dass Prinzessin Margaret, die Schwester der britischen Königin, einmal sagte, der Zaun rund um Schloss Windsor ließe niemanden herein, aber auch niemanden, der dort lebe, heraus. Die Königin, die ja eigentlich immer sehr diskret ist, äußerte laut Hardman über ihre Arbeit, die von ihren Privatsekretären und Ministern festgelegt wird: „Man weiß immer ganz genau, was man zu einer bestimmten Uhrzeit in zwei Monaten tun wird.“ Die meisten Menschen lebten nicht in dieser Weise, setzte sie hinzu.
Da war zum Beispiel Sir Alan Lascelles, der erste Privatsekretär der Queen, laut Hardman „ein furchterregender Mann mit strengem Blick und buschigen Augenbrauen“, der, unterstützt von Churchill, der Königin verbot, nach ihrer Thronbesteigung weiter den Familiennamen ihres Mannes, Mountbatten, zu tragen. Der königliche Haushalt traute dem deutschstämmigen Prince Philip nicht über den Weg und verfügte, die königliche Familie solle Windsor heißen.
In einem weiteren Fall wurden die Wünsche der Königin missachtet. Sie und ihre Familie mussten Clarence House, das nach ihren Wünschen als Familienwohnsitz umgebaut worden war, verlassen und in den dunklen Buckingham Palast übersiedeln. Dort musste sie die Hausgäste empfangen, bewirten lassen und mit ihnen unter einem Dach schlafen, die die Regierung einlud, darunter so üble Gestalten wie Idi Amin und Nicolae Ceausescu.
Zu möglicherweise fragwürdigen Gastgeber- und Reisepflichten kommt die unangenehme Aufgabe hinzu, mit unbewegter Miene Reden vorlesen zu müssen, die andere für einen geschrieben haben und für deren Wortlaut man sich möglicherweise in Grund und Boden schämen möchte. Oder sich interessiert zu zeigen, wenn man, wie es der Queen bei einem Staatsbesuch in Deutschland widerfuhr, eine Konferenz besuchen muss über „Neue Erkenntnisse zum Gebrauch von Magneten in Biologie und Medizin“.
Die meisten von uns würde es wohl auch wahnsinnig machen, wenn wir, wie es ein Ratgeber der Queen riet, sichtbar sein sollten, aber gleichzeitig als Person unsichtbar zu sein hätten.
Abgesehen davon fänden wie es auch nicht witzig, wenn sich Fotografen in den Büschen vor unserem Haus versteckten und weltweit Zeitungen Lügen über uns selbst und unsere Familie verbreiteten. In den ersten 15 Jahren ihrer Regentschaft veröffentlichten französische Zeitungen 63 Artikel über die bevorstehende Abdankung der Queen und 73 Artikel mit der Ankündigung, sie und Prince Philip hätten sich getrennt.
Fazit nach der Lektüre des Buches: Ich bleibe doch lieber die, die ich bin.
Der Link zum Buch: Robert Hardman: Queen of Our Times.
Meghan Markle, verheiratete Duchess of Sussex, wehrte sich offen gegen die ihr zugedachte Rolle in der königlichen Familie. Hier mehr dazu.