Ich sitze im Wintermantel auf der Terrasse und blinzele gegen die Mittagssonne. Es riecht nach feuchter Erde, und auf einem Ast des Ahornbaums unten im Garten pfeift ein Vogel. Eigentlich ist es herrlich, ich bin nur am falschen Ort. Ich sollte jetzt in Paris sein und Weihnachten feiern, mit meinen Freunden. Das ist natürlich alles ausgefallen – die Weihnachtsreise nach Paris musste dran glauben. Deshalb sitze ich heute am heimischen Küchentisch und gucke dumm aus der Wäsche.
Vor ein paar Tagen habe ich es nicht mehr ausgehalten und mir Paris nach Hause geholt. Vor mir steht das kleine Pariser Stadtlicht, ein Scherenschnitt mit den markanten Bauten und Brücken von Paris. Der Eiffelturm ist dabei, Notre Dame, Sacré Coeur und anderen Sehenswürdigkeiten. Wenn man ein brennendes Teelicht hineinstellt, wird die Silhouette der Stadt auf die Außenhülle aus Transparentpapier projiziert und wirft winzige Schatten. Das sieht schön aus, macht mich aber ein bisschen traurig. Deshalb zünde ich das Teelicht nicht oft an. Ich vermisse Paris zu sehr. Ich vermisse aber auch Anderes. Restaurants und Kinos. Ich vermisse es, in Cafés zu sitzen und Zeitung zu lesen. Ich vermisse Gemeinschaft. Ich vermisse, wie es sich anfühlt, draußen keine FFP2 Maske zu tragen. Das blöde Ding ist mir lästig. Es ist zu groß für meinen Kopf. Sie sehen es ja selbst, nicht wahr?
Wenn es irgendeine Lektion gibt, die man aus dieser verdammten Pandemie ziehen kann, dann diese:
Man muss sich in diesen Zeiten gestatten, sich auch einmal hemmungslos zu beklagen. Klagen entlastet. Nachdem man sich ordentlich beklagt hat, geht es einem meist wieder besser. Gute Klagemauern sind Freundinnen. Diejenigen unter ihnen, die noch selbstmitleidigere Klageweiber sind als man selbst, meidet man jetzt besser. Man könnte auch einen Blog schreiben und darin seine schlechte Laune rauslassen, so wie ich es grad mache. Warnen möchte ich davor, den Personen etwas vorzuklagen, mit denen man die Weihnachtszeit in häuslicher Gemeinschaft verbringen wird. Es könnte zu Eskalationen führen, die man lieber nicht erleben möchte.
Aber was solls? Es bleibt uns nichts anderes übrig, als uns mit dem zufrieden zu geben, was gerade unmittelbar vor uns liegt: das nächste Mittagessen, der nächste Einkauf, überhaupt, was sind das jetzt für himmlische Freuden: in einen Supermarkt zu gehen! Abends im frisch bezogenen Bett The Queens Gambit zu gucken! Zu Wham in der Badewanne zu summen und zu planschen! Ein paar gebrannte Mandeln zu essen. Zum Glück habe ich, kurz bevor die wenigen Büdchen schließen mussten, die dieses Jahr den Weihnachtsmarkt ersetzen sollten, einem Betreiber so die Ohren voll geklagt, dass er mir noch 10 Tütchen verkauft hat.
So siehts aus bei mir, zum Weihnachtsfest 2020. Weit weg von Paris, aber mit Blick auf den Eiffelturm.
Und hier, weils so schön war, ein Rückblick auf Weihnachten 2019.
Ach Ursel,
es ist so öde… gerade kann ich mich auch nicht mit eigener Kraft aus der grauen Suppe ziehen… Paris! Lissabon… Limassol. Orte die auf meinem 2020-Jahresplan standen. Nie, niemals nie, hätte ich gedacht, dass alle Pläne wie eine Seifenblase zerplatzen. Dann aber 2021: Paris! Amsterdam, Lissabon. Alles nachholen, was uns vermeintlich doch zusteht. Steht mir doch zu, oder?
Dann schauen wir mal, ob nicht noch geduldiges Abwarten hier gelernt werden muss. Reisesehnsucht ist fast so bitter-süß wie (alter) Liebeskummer. Heul…
Schöne Weihnachtsmomente!
Herzliche Grüße aus Köln (Köln… auch mal eine Reise wert…?)
Deine Susa
Autor
Liebe Susa,
Hab schöne Festtage – trotz allem! Ich denke schon, dass wir wieder reisen werden, aber anders. Demütiger, alles eine Nummer kleiner. Aber wir werden Paris wiedersehen!
Frohe Weihnachten wünsche ich euch! ♥
Liebe Grüße Tina
Autor
Liebe Tina, bitte entschuldige, dass wir wegen der Feiertage spät dran sind. Wir wünschen Dir alles Liebe und Gute zum neuen Jahr und weiterhin viel Freude und Erfolg mit Deinem Blog.