Vor langer, langer Zeit las ich sie ALLE. Es gab darin nichts Weltbewegendes zu erfahren, es bestand nur eben, ähnlich wie im Kino, Aussicht auf diverse Formen des Vergnügens. Es ging darum, Fantasien zu beschwören. Ein Leben voller Glitzern und der schönen Illusion, man könne auf seinem Badetuch im Bielefelder Freibad genauso betörend aussehen wie das auf dem Hochglanz-Foto abgebildete schwanenhalsige Model, das, von gelbem, warmen Licht beschienen, auf High Heels am Pool eines Grandhotels an der Cote d’Azur herumbalancierte.
Das Alter bringt einige Erschwernisse mit sich, doch wird der Mensch zugleich lebensklüger, und das wiederum ist doch sehr angenehm. Ältere Leserinnen durchschauen Klischeebilder, wie sie in Modemagazinen präsentiert werden. Sie fühlen sich mit ihren Ansprüchen an niveauvolle Ästhetik und Sprache nicht in den Zeitschriften repräsentiert. Nicht dass sie sich nicht mehr für Mode interessieren würden, ganz im Gegenteil. Die meisten Frauen setzen viel daran, im Alter nicht in schrulliger Nachlässigkeit zu enden.
Es ist meine feste Überzeugung, dass ein Mensch nie zu alt ist, um sein Äußeres nicht mehr wichtig zu nehmen. Nur hat der ältere Mensch andere modische Bedürfnisse, die in Modezeitschriften fast nie thematisiert werden. Rollkrägen zum Beispiel, weil sie den faltigen Hals bedecken. Er hat nicht mehr den Wunsch, mit seiner Kleidung die Konkurrenz auszustechen oder seine Accessoires noch ein paar Takte nach oben zu schrauben. Der Ruhestand ermöglicht Rückzug, Konzentration und einen Lebenswandel, wie er einem gefällt. Warum nicht in weiten Hosen aus Kaschmir, einem bequemen Wickelmantel und flachen Schuhe mit dicker Sohle? Motto: Der legere Auftritt ist die Extravaganz des Alters.
Aber, wie gesagt, neulich im Café las ich mal wieder eine Modezeitschrift. Und erfuhr dies:
- Auf dem roten Teppich zeigen erwachsene Frauen ihren Glamour mit neuen Statussymbolen. Es sind leicht geschürzte Lederbodies und bis übers Knie reichende Lackstiefel. Für den Galaabend die Empfehlung, seine Überwesenhaftigkeit in einem schwarzen Vintage Prada Schlafanzug zu zeigen. Zitat: „aktuell DER Wowzer-Look“.
- Hochbezahlte Models vermarkten jetzt auch schon ihre Töchter. Auch die Tochter mit einem Gesicht, das jetzt schon tot ist.
- Immer mehr Models kommen aus China, was durchaus etwas Erfrischendes hat.
- Ein Interview mit Julia Roberts. Warum sie nie ihre Lachfalten wegspritzen würde. (Hat sie längst getan.)
- Im Reiseteil „Die Wellness Resorts der nächsten Generation“. Die Bungalows ab 2100 Euro die Nacht.
Die Zeitschrift schnell aus der Hand gelegt und mich dem Stück Stachelbeer-Baiser-Torte und einer Tasse Schokolade mit Sahne gewidmet. Ihnen verdanke ich, dass es doch noch ein sehr schöner Cafébesuch wurde.
Wenn Cerstin in Köln kaffeesiert, dann hier. Hat lecker Baumkuchen.
Ach Ursel,
wie gut!
Und genauso (wie über den Artikel) freue ich mich darüber, wie toll Deine Haare geworden sind. Irre silbrig!
Liebe Grüße, Katja
P.S.: Ich trage auch UGG-Boots, wenn es (fast) keiner sieht. Rosa noch dazu. Als sie so neu und hässlich hier im Flur standen, dachte mein Mann, das wären schon die Nikolausstiefel für die Nachbarsmädchen. Aber als Winterhausschuhe (barfuß) unschlagbar.
Liebe Ursel,
Sie haben mir aus der Seele geschrieben! Mir geht es genauso! Früher hatte ich jahrelang Frauenzeitschriften abonniert und dafür auch viel Geld ausgegeben. Seit einigen Jahren fühle ich mich selbst von Ü50-Magazinen nicht mehr angesprochen.
Dafür lese ich einige sehr gute Blogs, Ihrer gehört natürlich dazu. Ich finde Ihre Beiträge wunderbar, lebensklug, humorvoll und entspannt. Auch die Posts von Tanja und Cerstin lese ich gern.
Herzliche Grüße
Martina
Autor
Vielen Dank Für Ihr schönes Feedback, liebe Martina. Das freut uns Drei wirklich sehr.